Kapitel 5; Das Wesen des Freiheitskampfes
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ie sollte man beschreiben was war, was sein wird und welche tatsächliche Realisierung dies alles genommen hatte. Wo lagen die Gleichnisse, wo die Missverständnisse. War es eine Idee Gottes oder ein Werk Luzifers. Wo lagen die Irrungen, wo die Verwirrungen. Wann begann sich der Weg zu gabeln, wann verstummten die Optionen. Einbahnstraße, nicht in die Gegenrichtung fahren, Einbahnstrasse.
Harry, der Gefangene Harry Goosens, war wieder einmal in grüblerischer Stimmung. Es war Weihnachten und er hatte zur Feier des Tages zwei Flaschen Wein von den Wärtern bekommen die er sogleich ausgetrunken hatte. Dies und der Umstand das Weihnachten war, ein Fest das er seit frühester Kindheit an über alles schätzte, brachte ihm nun in die von ihm oftmals so geliebte Phase des Nachdenkens, des Selbstinterviews in deren Verlauf er sich selbst Fragen stellte um sie sogleich selbst zu beantworten. Das Spiel eines einsamen Menschen, perfektioniert.
Die größten „Freiheitskämpfer“ der Weltgeschichte und die etwas weniger großen, aber dennoch bedeutenden: Mohandas Ghandi, Nelson Mandela, Jesus von Nazareth, Ernesto Guevara, Gautama Siddharta, Fidel Castro Ruz, Robert Marley, Sìmon Bolivar, Mohammed, Augusto “Cèsar“ Sandino, Steven Bantu Biko, Emiliano Zapata, Hermann Hesse, Martin Luther, Jeanne D´Arc, Yassir Arafat, William Wallace, Usama Bin Laden, Malcolm X, Ayatollah Khomeini, Salvador Allende, Moses, George Washington, Martin Luther King jr., Wilhelm Tell, Pancho Villà, Lenin, Trotzki, Mutter Theresa, Sigmund Freud, Karl Marx, Friedrich Engels, Bertha von Suttner, Immanuel Kant, Voltaire, Haile Selassi, Nikola Tesla, Thomas Alva Edison, Daniel Ortega (alle geladen, von den Zehen bis zur letzten Haarspitze)…wo blieb der Name Jericho, der, der die Mauern zum einstürzen brachte. Würden sich die Menschen in Zukunft an ihn als „Freiheitskämpfer“ erinnern, würde er zum Vorbild und Idol von Jugendlichen werden, würden sie seine Schriften und Artikel verschlingen, eine Regierungsform mit ihm positiv assoziieren?
Würde sein Konterfei auf T-Shirts gedruckt werden, würde es heißen: „Damals, zu Jerichos Zeiten war alles viel besser!“? Der Wunsch nach Unsterblichkeit, die wahre Triebkraft des Freiheitskampfes, so schoss es ihm. Genau, das musste es sein. Nun begannen seine Gedanken zu rotieren, Hirnwindungen kamen in Fahrt, Synapsen und Neuronen wurden auf Hochtouren gebracht.
Die größte Freiheit des Menschen? Leben. Doch wie erreicht man die höchste Freiheit, das Leben, wenn man weiß, dass man Sterben muss, sich seiner Endlichkeit bewusst ist? Sich unsterblich machen, einen bleibenden Eindruck in den Geschichtsbüchern, den Köpfen und Herzen der Menschen hinterlassen. Straßen nach einen benennen lassen, sich Denkmäler errichten. Wie kann man dies erreichen? Man kämpft für „Freiheit“.
Doch welche „Freiheit“? Etwa die Freiheit für eine Idee zu morden, die Freiheit tun und lassen zu können, was man will? Die Freiheit Menschen zu opfern, nur um seinen persönlichen Rachefeldzug führen zu können? Die Freiheit sich wie ein trotziges Kind verhalten zu dürfen? Die Freiheit, Freiheit zu besitzen? Egal, für die Freiheit – Freiheit bedeutet nun einmal frei sein.
Doch was war nun wieder frei sein? Etwa frei von Furcht? Frei von Schmerzen? Frei von Angst und damit auch von Wut? Frei von Süchten? Frei von unfairen Gesetzen? Frei von physikalischen Gesetzen? Frei von Freiheitskämpfern? Frei vom Freiheitskampf? Egal, frei sein - frei sein bedeutet zu leben.
Oh mein Gott, leben, was für ein schönes Wort, wie schön oberflächlich und unbeschreibend, dachte sich Harry nun. Lebte er? Ja, das Blut strömte durch seine Adern, sein Herz schlug (etwas zu schnell laut dem Gefängnisarzt), die Haare auf seinem Kopf, an seinem Körper sowie seinem Bart wuchsen, er aß, trank und ging auf die Toilette. Ja, er lebte auf eine physische Weise, soviel war klar. Doch wie stand es im psychischen Zustand. Was bedeutete zu leben auf dieser Ebene für ihn?
Bedeutete es zu lachen? Bedeutete es zu weinen? Bedeutete es Wut und Trauer zu verspüren, Angst und Freude auszudrücken? Kummer und Sorgen zu teilen? Fehler und Erfolge zu kommunizieren? Ja, all das konnte er. Er konnte lachen, er konnte scherzen, er konnte weinen, er konnte fühlen, trösten und ausdrücken. Und doch, psychisch lebte er nicht, denn dies alles waren nur Teilgebiete, Umschreibungen für die die großen Oberbegriffe, die elementaren Eigenschaften des Menschen die den Menschen ausmachen und darin besonders den Freiheitskämpfer - die Fähigkeit zu lieben und zu hassen. Diese zwei Gegensätze, antreibend, motivierend, zerstörend und schaffend, so weit von einander entfernt, dass sie fast schon wieder ineinander verschmelzen könnten. Er konnte es nicht.
Doch was konnte er nicht? Er konnte den Mörder seiner Freunde, Reding, nicht mehr hassen. Er konnte seine alten Gegner nicht mehr hassen. Seine alten Freunde, kein Hass war mehr für sie übrig. Die Soldaten die einst seine Verlobte töteten, kein Hass mehr. „Bin ich dir nun schon so egal, gibt es bei dir nicht wenigstens Hass für mich? Glaubst du wirklich, ich hätte nicht wenigstens einen Funken deiner brutalen und zerbrechenden Aufmerksamkeit verdient? Bist du schon derart ins Koma gefallen das du keinen alles zerstörenden Zorn mehr gegen mich aufbauen kannst? Kannst du nicht so ehrlich sein um mich wenigstens aufrichtig und ewiglich zu hassen?“ Nein, ich kann es nicht!
„Lieben“ – ja er liebte die Liebe als er einst liebte. Er liebte dieses Gefühl, es beflügelte ihn, hielt ihn wach und aufmerksam, schickte ihn ins Delirium. Einmal rund um die Erde und wieder zurück. Hin- und Retourticket, alles Inklusive und zum Pauschalpreis. „Kostet fast nichts, nur dein Herz, deine Seele und deinen Verstand.“ Es war alles Spaß, wie Autodrom und GoKart-fahren. Ehrlich, aufrichtig, rein zum einen, verschlagen, besitzergreifend und einfallsreich zum Anderen. Es war alles Ernst, wie das Lernen von Vokabeln. Niemals mehr lieben, ein traurige Vorstellung, eine einfache Vorstellung, eine Vorstellung ohne Sinn und Illusionen.
Träumte er eigentlich noch? Ja, er träumte, und deshalb war er auch nicht verrückt. Nur der, der nicht mehr träumt ist ein wahrer Armer, ein Irrer, ein Verrückter, ein Zweigesichtiger und Besessener. Und machte nicht „der Traum“ oder „ein Traum“ den Freiheitskampf aus? Wer kennt schon nicht die berühmte Rede „I have a dream…“? Waren es nicht Träume, die die Realität des Menschen von Anbeginn der Zeit an gestalteten und formten. All die großen Namen der Geschichte, sie alle waren von einem Traum beseelt, besessen und motiviert. Der eine wollte diese vertreiben, der andere jene. Der eine hatte diese Ideale, der andere jene. Wieder andere träumten von großen Werken, die anderen wiederum von Bahnbrechenden Entwicklungen. Was hatte Harry gehabt, was hatte Jericho gehabt? Nichts! Kein Traum, keine Entwicklung, kein Werk, nur das Gefühl der Rache. Rache für Anna, Rache für Harry, Rache für Gott, Rache für Luzifer, Rache für die Welt, Rache für das Regime, Rache für Rache – so viel Rache, dass er es selbst kaum mehr ertragen konnte. Doch, kein Traum. Jericho, nicht mehr Freiheitskämpfer sondern Rächer.
Der größte Rächer der letzten Jahrzehnte, doch niemals Freiheitskämpfer. Dies wurde ihm nun bewusst. Er hatte keinen Freiheitskampf geführt sondern einen Rachefeldzug. All den Schmerz den Annas Tod in ihm geweckt hatte schleuderte er, spie er, pisste er, schrie er in Form seines Rachefeldzuges über das Land, das Regime, die Feinde, die Freunde, das Volk, über alle. Dies war also der Grund, warum er nicht Freiheit bringen hatte können, ein Geladener ohne Traum, sondern nur eine Verschiebung der alten Ordnung. Er begriff.
Er begriff.
7 Kommentare:
Jaja, man kann auch auf "Planeta Eskoria" seine Werbung schalten - nur zu ;) witzig, witzig
@ benski: nö, werbeträger hab ich keinen sondern so witzige spamner, die mir die comment spalte voll spamnen - spamner dieser erde, ich verachte euch, spamner dieser erde, ihr seid schweine ;)
als würd mich so ein pi-pa-po Blog eines long island hospital kasperls interessieren - vor allem weil ich mich in long island ja so gut auskenne - da könnt ja jeder kommen :)
... und die härte ist - gerade in der comment-spalte des fünften kapitels meines buches - san de deppat - manan de, ich schreib a buch damit dann so a müll daherkommt grrrrrrrrrrrr
Mei du armer - musst dich auch immer ärgern. Dafür mag ich dein Buch :)
Du magst mein Buch - dafür mag ich DICH :)
Dafür mag ich dich aber auch :)
Das ist aber sehr lieb von dir :)
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