Samstag, März 04, 2006

Es stinkt .....


.... zum Himmel!

Der öffentliche Dienst steht in großen Teilen Deutschlands still. Seit 4 Wochen wird gestreikt und nun wurden, trotz oder auch gerade wegen des erneuten Wintereinbruchs, Notvereinbarungen von der Gewerkschaft ver.di gekündigt. Ein Sprecher äußerte sich gestern im TV frei nach dem Motto "Die Arbeitgeber werden schon sehn was sie jetzt davon haben" und prahlte mit dieser Glanzleistung wie ein kleines Kind. Doch frage ich mich wie man stolz darauf seien kann die Öffentlichkeit wissentlich zu gefährden. Auf Grund der Witterungsverhältnisse gab es letzte Nacht vermehrt Unfälle, bei denen es sich zum Glück großteils(!) nur um Blechschaden handelte. Doch was wäre wenn es Schwerverletzte geben würden und Krankenwagen auf Grund der nicht geräumten Strassen nicht durchkämen oder einfach nicht schnell genug das Ziel erreichen? Würde das nicht unter fahrlässige Tötung fallen? Jedenfalls sollte in solchen Fällen die Möglichkeit geprüft werden ver.di und die entsprechenden Strassenmeistereien zu verklagen.

Doch warum wirkt eigentlich gestreikt - ach ja... 40 Std. anstatt 38.5 Std. Woche. Oh Mein Gott!! Wirklich... man müsste ca 18 Minuten pro Tag länger arbeiten. Was im Osten Deutschlands schon lange normal ist , ist dem Wessi wohl zuviel. Das Hauptargument es sollen Stellen gestrichen werden und deshalb länger gearbeitet wird von Seiten der Arbeitgeber dementiert. Tatsächlich ist es so, dass der Öffentliche Dienst einer der sichersten Orte für Arbeit ist.

Neben den Winterdiensten wird z.b. auch die Müllabfuhr seit 4 Wochen bestreikt. Die Müllberge in den Städten wachsen - wer weiß, vielleicht hat ver.di geheime Verträge mit Kammerjägern und professionellen "Rattenkillern". Oder ver.di arbeitet frei nach dem Motto - mehr Lebensraum für "Ratten und Co". An dieser Stelle möchte ich ein GROßES LOB der Stadt Stuttgart aussprechen. "Erstmals seit Beginn des Streiks im öffentlichen Dienst haben in Stuttgart private Firmen mit der Entsorgung der Müllberge begonnen.Von rund 10.000 Tonnen Haus- und Biomüll, die liegen geblieben sind, sollten bis zum Abend rund 1.400 Tonnen entsorgt werden." (Link zum ganzen Artikel)

Ver.di-Anhänger haben daraufhin die Zufahrt zur Müllverbrennungsanlage blockiert. Die Stadt störte dies wenig und lagert den Müll nun auf privaten Flächen bis dieser zur Verbrennungsanlage gebracht werden kann. "Der Geschäftsführer des ver.di-Bezirks Stuttgart, Bernd Riexinger, nannte den Einsatz von privaten Entsorgern einen 'unerhörten Skandal'"(Artikel siehe oben). Ja es ist schon wirklich ein Skandal..... da bestreikt man die Stadt, belästigt die Bürger mit Müll und gibt sich wirklich alle Mühe die Menschen zu verärgern und dann entscheidet sich die Stadt einfach einen privaten Entsorger zu beschäftigen. Unfassbar!!

Sollte die Entsorgung gut funktionieren sollte man über eine generelle Privatisierung nachdenken. Wer brauch schon Arbeiter die nichts tun wenn man Arbeiter haben kann DIE es tun.... Ich sehe es auch so, dass die Stadt dies ja nun nicht gerade freiwillig macht aber ihr immerhin soviel an den Bürgern liegt dass sie sich das Minimum an Sauberkeit nun auch etwas kosten lässt. Bravo!

Ich sehe schon die Protestposts von gut Bekannten Bloggern vor meinem geistigen Auge. Ich denke zu kapitalistisch, vielleicht bin ich auch kurzsichtig? Denn wie kann man es - man bedenke als Student - es WAGEN die armen Arbeiter anzugreifen. Solidarität... ja ...ich müsste mich zu den Streikenden stellen und auf die Barikaden gehn. Aber nein.... das tue ich gewiss nicht!

Natürlich sehe ich ein, dass Arbeiter das Recht auf Streik haben. Von mir aus sollen sie auch gerne davon gebrauch machen aber(!) - alles in Grenzen. Und diese wurden überschritten. Die Bevölkerung muss die Konsequenzen tragen, Mütter die Ihre Kinder nicht in die Tagesstätten bringen können und deshalb Probleme im Job bekommen... Müll der sich stapelt und die Gesundheit und das normale Leben negativ beinflusst (was für ein Glück das Winter und nicht Sommer ist)....

Verantwortungsbewußtsein und der Wille ein Ziel zu erreichen stehen oft im Konflikt und so muss versucht werden einen guten Kompromiss zu finden. Leider scheint ersteres bei ver.di völlig verloren gegangen zu sein.

Zum Schluss möchte ich noch einige Passagen aus dem weiter oben verlinkten Artikel hier zitieren:

Polizei griff erstmals in Streikaktionen ein

Nachdem ver.di die Notdienstvereinbarungen des Winterdienstes gekündigt hatte, musste die Polizei bereits am Freitag nach den starken Schneefällen eingreifen. Die Beamten sorgten dafür, dass in den acht Betriebshöfen Salz aufgeladen werden konnte, um die notwendigen Streuarbeiten durchzuführen. Streikende hatten versucht, die Salzlager zu blockieren. Ver.di-Rechtssekretär Carsten Scholz nannte den Einsatz der Polizei "unverhältnismäßig und unnötig". Er zeige eine "deutliche Zunahme der Schärfe des Konfliktes".

Kommentar: Lob an die Polizei! Herr Scholz sollte vielleicht überlegen dass die Polizei hier für die Sicherheit auf unsern Strassen gehandelt hat - also auch für die seine. Wäre doch ein Jammer wenn ein Streikender auf dem Weg zur Demo verunglücken würde.


Auch Notvereinbarung mit Klinik gekündigt
Die Gewerkschaft hat zudem die Notvereinbarung mit der Stuttgarter Klinik gekündigt. Nach Angaben der Stadt soll es ab Montag nur noch Operationen bei akuter Lebensgefahr geben. Damit seien krebskranke Patienten, bei denen zum Beispiel eine Tumor-Operation oder eine Chemotherapie notwendig sei, für ver.di jetzt keine Notfälle mehr, sagte Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU).

Kommentar: Wieviel ist ein Menschenleben im Vergleich zu 18min Arbeit wert - traurig!!

Ich wünsche allen Betroffenen Müttern, Patienten und dem Rest der Bevölkerung ein schönes Wochenende und den Atem durchzuhalten und den Mut die Meinung gegen diesen Streik zum Ausdruck zu bringen. (z.B. Keine Müllgebühren zahlen für die Zeit des Streiks - ist rechtlich abgesichert :) )

Allen Streikern wünsche ich - noch viel Spaß und den Städten rate ich: STELLT DIE PRIVATEN EIN!!

So Long,
your Flowmotion

3 Kommentare:

Miguel de Cervantes hat gesagt…

Private Abfallentsorger? Verdammte Streikbrecher... aber es ist schon klar, in Zeiten, in denen man Solidarität dahingehend mit der Frage beschreibt, ob man wohl am besten im Stehen oder im Sitzen pinkeln sollte, werden auch Streikbrecher von der "Gesellschaft" begrüßt. Was solls, kurzfristig sind wir unseren Dreck los, aber die Gründe, weswegen gestreikt wird, bleiben auf der Strecke.

Natürlich vermag hierbei die Weltanschauung eine große Rolle spielen, es ist klar, dass du, lieber Flow Motion, aufgrund deiner eher dem bürgerlichen Sektor zugehörigen Herkunft einen anderen Zugang zu dieser Thematik hast, ja, vielmehr noch, ich würde soweit gehen, dass wir einfach, aus der Diskrepanz zwischen Arbeiterschicht und Bürgertum, eine Diskrepanz die heute genauso besteht wie anno dazumals, gar nicht auf der selben Seite stehen können.

Doch um einmal eine konkrete Aussage zu treffen. Es ist das verdammte Recht eines organisierten Arbeitnehmers, das Streikrecht, wenn ein Grund vorliegt, zu benützen. Genauso wie es das Recht des Unternehmers ist, in unseren Neoliberalen Zeiten und den neoliberal zu bezeichnenden Gesetzen, vormalige Rechte abzubauen. Es ist rechtlich gedeckt. Wie die normative Ebene hierzu aussehen würde, sollte jeder für sich selbst klären.

Wer gute Arbeit leistet, sollte diese Arbeit, den körperlichen, geistigen und zeitlichen Aufwand fair und gerecht entlohnt bekommen.Und wenn dem nicht so ist, dann muss man sich wehren.

Des weiteren finde ich es erschreckend, wie wenig gerade medial dargestellt wird, wie unhomogen unsere Gesellschaft eigentlich ist. Wann hat man das letzte mal von der Arbeiterschicht gelesen? Wer kann sich daran erinnern? Liegt dies daran, dass es keine Arbeiterschicht, oder keine Schichten generell mehr gibt?

Blödsinn, die Arbeiterschicht ist heute größer denn je und umfasst nicht nur die traditionell, in Englang "Blue collar workers" genannten Menschen sondern längst schon "kleine" Angestellte und Beamte, Menschen (vor allem Frauen) in atypischen Arbeitsverhältnissen und und und

Weshalb also, wird verschwiegen, dass es diese Schicht gibt? Weshalb liest man von den Superreichen, aber nichts von denjenigen, die den Superreichtum schaffen? oder ist es wirklich so, dass der Topmanager des Unternehmens XY all die tollen Börsengewinne alleine erwirtschaftet und all die Arbeitnehmer, die Lohnkürzungen und Verschlechterungen hinnehmen müssen, bloß teils störendes, im besten Fall halt annehmbarendes Humankapital darstellen?

Um zu einem Fazit, dieses durchaus etwas hin- und herspringenden, und auch sicherlich etwas zu generell formulierten Comments für dieses Posting zu kommen: Arbeitsrechte, auch das Streikrecht, waren keine Geschenke, sondern wurd hart erkämpft. Sie kamen allen zu Gute, auch den Unternehmern selbst (so führte z. B. eine Verkürzung der Arbeitszeit zu vermehrter Produktivität)- mein lieber Flow, auch du profitierst von diesen hart erkämpften Rechten, auch wenn du es vielleicht oberflächlich betrachtend nicht erkennen kannst und munter in die populäre Welle derer eintrittst, die wohl nicht verstehen wollen oder können, dass Menschen nicht zum Spass streiken. Sie streiken auch nicht, weil sie sich einen neuen Mercedes kaufen wollen. Es geht um ihren Verdienst, ihre Existenz und damit auch um ihre Familien. Nicht zuletzt geht es um eine Gesellschaft, eine Gesellschaft, die sich eine refeudalisierung um ihrer selbst willen durch einen reinen Fokus auf kurzfristige Profite oder Einsparungen nicht leisten darf, will sie auch zukünftig bestehen.

mit sehr freundlichen Grüßen

Mig

Flow Motion hat gesagt…

Mein liiiiiieber Mig,

in diesem Zusammenhang hört sich bürgerlich ja fast an wie eine Beleidigung - doch bin ich mir sicher dass du es nicht so meinst :)

Ich freue mich dass du mir in einigen Punkten zuzustimmen scheinst, da du sie nicht kritisiert hast (z.B.:das es nicht angehen kann dass die Krankenhäuser bestreikt werden). Sollte ich mich irren und du auch hier etwas einzuwenden hast, lass es mich bitte wissen - denn nichts liegt mir ferner als jemandem eine Meinung aufzuerlegen die er gar nicht vertritt.

Auch im Punkt "Streik ist ein Recht" sind wir uns einig. Wie ich in meinem Artikel erwähnt habe sollte es auch genutzt werden, jedoch mit Maß und innerhalb gewisser Grenzen. Sagen wir dass man bei der Müllbeseitigung nochmal ein Auge zudrücken kann - vergessen wir mal die Befürchtung einiger Politiker dass die Gesundheit der Menschen durch die Anlockung von Ratten etc. gefährdet wird. Doch sobald die Sicherheit der Öffentlichkeit betroffen ist, siehe Strassendienste - siehe besonders Krankenhäuser - fehlt mir jegliches Verständnis. Denn schließlich was kann der arme Krebspatient oder die Mutter für die Umstände aus denen gestreikt wird?
Ein Streik bei dem ich mit Sicherheit Verständnis zeigen würde, wäre wenn die Belegschaft eines Int. Konzerns (z.B. VW oder BMW) wegen der Verlegung eines Werkes oder ähnl. streikt. Hier wird allein der Konzern getroffen - nicht aber die breite Masse der Bevölkerung, die brav durch Ihre Steuer den öffentlichen Dienstleister bezahlt.

Sicherlich geht es bei diesem Streik nicht unbedingt um die Existenz der Arbeiter... 18 min Mehrarbeit am Tag gefährden diese wohl sicher nicht. Es geht darum dass man nicht bereit ist 18 min der persönlichen Freiheit zum Wohle der Bevölkerung, ja ... von uns allen, zu opfern. Der Staat (und das sind wir alle) braucht Hilfe um Fehler bzw. Sünden der Vergangenheit in fetten Jahren wieder auszubessern und braucht daher eine Bevölkerung die auch bereit ist etwas mehr Eigenverantwortung zu übernehmen.

Um noch ein kurzes Wort zum Thema gerechte Bezahlung zu verlieren. Bis jetzt schien der Lohn ja kein Problem zu sein, ansonsten hätte es sicherlich schon früher Streiks gegeben. Das Problem sind die oben erwähnten 18 min persönliche Freiheit. Natürlich hat man Recht wenn man sagt durch diese 18 min sinkt der Stundenlohn... um....ja.. um...ein paar Cent? Es ist doch so... gibt jemandem 50€ zusätzlich und er lacht, nimm jemandem aber 5€ weg... und er schreit.


Ich glaube dass wir, zumindest in einigen Punkten, uns sehr einig sind und die Punkte in denen wir uns unterscheiden nicht so gewaltig sind wie sie vielleicht erscheinen.

Mit besten Grüßen,
Flow

Miguel de Cervantes hat gesagt…

Nun denn, werter Kollege!

Das vieles im ersten Blicke ärger erscheint, wie es gemeint ist, ist ja eh klar. Aber ich denke, du liest sehr gut zwischen den Zeilen, und fühlst dich nicht beleidigt durch meine klassenkämpferischen ;) Verse.

Auch wenn ich, entgegen den Usancen des Geschäftslebens, Stillschweigen nicht unbedingt als Zustimmung sehe, kann man davon ausgehen, dass ich Bereiche, die ich nicht explizit anführte, als nicht sehr störend gewertet habe.

Wir könnten wohl noch ein bisschen herum diskutieren, von wegen 18 Minuten mehr oder weniger Arbeit... aber ich denke, beide haben hierbei ihre Meinungen, die sich im laufe der Jahre gebildet haben... es wird immer verschiedene Blickwinkel geben.

Und damit nicht der Eindruck entsteht, wie er vielleicht durch mein vorheriges Comment entstehen könnte, dass ich dich für einen bösartigen Gewerkschaftshasser oder dergleichen halte... Ich kenne dich wohl schon lange genug, dass ich deinen Standpunkt durchaus nachvollziehen kann, bisweilen sogar goutieren und deine Standpunkte, vor allem im "normalen" face to face Gespräch bei einem Bier, auch sehr oft von sehr sozialen Kriterien getragen werden - was ja immerhin davon zeugt, dass die Blickrichtung ein wenig open minded ist

greetz

Mig