Donnerstag, August 17, 2006

Alte Bekannte wieder treffen

Ich weiß ja nicht, wie es der verehrten Leserin, den geehrten Leser oder geneigten Sozialvoyeuristen damit geht... mir zumindest macht es schier heidnischen Spaß. Die Rede ist vom "alte-Bekannte-treffen", jenen Menschen, die man mal kannte, die jedoch nicht so wichtig waren, dass man mit ihnen in Kontakt blieb. Ein gutes Beispiel hierzu wären etwa in meinem personalisierten Fall ehemalige Schulkollegen. Alte HAK-SchulkollegenInnen. Wunderbar!

Es ist nicht so, dass ich die Leute damals nicht leiden konnte. Einige konnte ich sogar sehr gut leiden. Als SchulkollegenInnen halt... man muss ja nicht mit jedem gleich befreundet sein. Bekannte und Kollegen im Berufsleben und Freunde im Privatleben. So halte ich es und fuhr bisher sehr gut damit. Doch wo waren wir... ach ja, beim "alte-Bekannte-treffen".

Nun denn, von Zeit zu Zeit trifft man sie, jene aus dem Blickfeld entschwundenen Bekannten (können auch Ex-Freundinnen sein, mit denen verhält es sich ja auch ähnlich). Und wenn dies passiert, dann freue ich mich ehrlich. Ich bin kein Misanthrop, ich freue mich, wenn Menschen, die ich einst kannte, sich bester Gesundheit erfreuen. Und wenn sie im privaten und beruflichen Leben erfolgreich sind, dann freut es mich noch mehr - ich stehe ja nur mit einem Menschen in Konkurrenz und das bin ich selbst. Soll heißen, es wäre sinnlos für mich, auf andere neidig zu sein, wenn ich selbst für mich die Messlatte bin, an der mein Ego wächst und sinkt.

Doch die Konversation mit jenen "alten-Bekannten" erscheint dann oftmals schon peinlich ritualisiert. Das anfängliche "Wie geht´s dir?" leuchtet mir ja noch ein, ist es doch die gesellschaftlich üblichste Ice-Breaker Formel. Doch wenn dies mal durch ein frommes "Könnte nicht klagen!" (wie man es gelernt hat) abgeklärt wurde, dann beginnen die echt peinlich-dummen Fragen. Meine Lieblingsfrage: "Was machst du so?"

Da ich mich bemühe, wenn möglich immer ehrlich zu sein, muss ich anfänglich auf diese Frage sinngemäß mit einem "Ich spreche gerade mit dir!" antworten. Wiewohl mir klar ist, dass diese Antwort nicht zufrieden stellt. Ich weiß, mein/e GeschrächspartnerIn will jetzt wissen, wie es mir bei meinem Studium geht. Doch mein kleiner Widerspruchsgeist, irgendwo in meinem Bewusstsein, versucht diese Frage zu umgehen. Ich habe keinen Bock darauf, zu antworten, dass der Abschluss nahe ist, sich mein Notendurchschnitt zwischen 1,5 und 2 bewegt und ich die Regeln für korrektes wissenschaftliches Arbeiten begreife.

Also antworte ich lieber: "Hmmm, ich mache viel Sport. Hauptsächlich laufen und radfahren. Manchmal auch Klettern. Macht echt Spaß. Ansonsten treffe ich mich noch mit meiner ich-ihr-zugemuteten und gehe mit Freunden was trinken... !" Doch dies hilft nichts... immer noch unbefriedigt-neugieriger Blick... "hmm, was du jetzt nicht weißt, weil ich das ja erst seit zweieinhalb Jahren mache... ich schreibe gerade wieder an einem Buch... mein zweites... vollkommen anders als das Erste... nein, das Erste kennst du sicher nicht... das fand genau eine Leserin und wurde auch für sie geschrieben... aber das jetzige, das Zweite, ja, da könnte ich mir vorstellen, dass es wirklich mal vermarktet werden könnte!" Zufrieden? Nicht die Spur.

Ich starte einen letzten Ablenkungsversuch und krame in der Kiste meines selbstpersönlichen Wahnsinns... "und genau... ja, ich habe zwei uneheliche Kinder und werde bald für ein Jahr in einem buddhistischen Kloster leben... aber erst, nachdem ich die Welt gerettet habe und ein Mittel gegen Kiwi-Allergie erfunden habe." Okay, das glaubt mir keiner. Weil auch nichts davon stimmt. Aber zumindest jetzt weiß mein gegenüber, dass ich nicht mehr der selbe Knallkopf bin, der ich einst war... denn nun ist meine knallköpfigkeit schlimmer als je zuvor. Nein, "normal" bin ich sicher nicht. Aber ich hatte ja nie die Ambition, "normal" zu sein. "Normal" sein können die anderen... ich bin lieber originell und wenn mir mal wirklich nichts einfällt, dann lächle ich halt... da hat man mehr davon, als wenn man hohle Sätze und Klischees bedienen würde.

gracias por estar ahì

Miguel de Cervantes

Keine Kommentare: