Freitag, August 11, 2006

Just Garbage

Es ist kurz nach sieben Uhr. Miguel de Cervantes trinkt genüßlich ein Frühstücksbier, nachdem er gerade von der Arbeit mit dem Fahrrad nach Hause gefahren ist. Vor allem weil er kein Auto hat, aber auch, weil es ihm Spaß macht. Seine Augen sind tiefstrot wegen der Übermüdung, nicht einmal Amsterdamer Kiffer haben so rote Augen, und die ansonsten dunkelblaue Augenfarbe erscheint unnatürlich türkis. Miguel könnte seine Augen fotografieren, doch der Weg zur Digitalcamera erscheint zu weit. Also schreibt er lieber, während er darauf wartet, von der Arbeit "runter" zu kommen um daraufhin bis zum späten Nachmittag zu schlafen, um den letzten Arbeitstag, erneut in der Nacht, zu bestreiten. An diesem Zeitpunkt hört er auf, von sich in der dritten Person zu schreiben, da ihm (ähhh, mir) das mehr als lächerlich erscheint.

Doch einige Fragen drängen sich mir auf. Warum vergeht eine Nacht oft irrsinnig schnell, als wären es nur Minuten, wenn sich irgendetwas interessantes ereignet. Und warum dauert eine Nacht ewig, wenn man nicht gerade trinkt, Sex hat oder schläft? Zeit ist nicht nur relativ, sie ist auch Ansichtssache!

Buddhisten sehen die völlige "Ausschaltung" des Geistes als beinahe göttlichen Zustand an und meditieren dafür. Auch bei der Arbeit gelingt dies... mehr als vorzüglich. Sind Schichtarbeiter also im Grunde genommen nichts anderes als ultimative Buddhisten?

Weshalb bin ich der einzige Depp, der keinen Kaffee trinken kann, ohne dabei gleich alle möglichen Zustände zu bekommen? Während meine Arbeitskollegen im Schnitt zwischen 1 und 2 Litern dieses Gebräus in sich schütten, bin ich dazu verdammt und verdonnert, die Nacht ohne Koffein durchzustehen. Ich fühle mich, als würde ich Rundfunkgebühren bezahlen!

Einige Stunden Schlaf stehen nun bevor. Tagschlaf. Das kann man vergessen. Man geht müde schlafen und steht müde auf. Eine kalte Dusche. Eine Kleinigkeit zu essen. Zigaretten. Wieder auf das Bike. Zum letzten Mal für diesen Sommer. Danach: beinahe rituelles Verabschieden von den Kollegen (manche kenne ich seit Jahren, mit einigen ging ich sogar früher in die Schule), Handschlag, Wünsche für die Zukunft... Bart endlich wieder wegrasieren (schließlich bin ich nicht der Typ aus "Fluch der Karibik")... einige Wochen Zeit, um das Buch endlich fertig zu schreiben... Zeit für Spaß... Zeit für SIE... Zeit für das Leben als simpatico holgazan. Und vor allem: Glücklich darüber sein, dass mein Leben nicht so aussehen wird, wie das Leben derer, die jene Arbeit machen müssen, weil es ihre Existenzgrundlage ist. Nächstes Jahr: nicht mehr Industrie sondern Ölbohrinsel!

gracias por estar ahì

Miguel de Cervantes

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