Dienstag, August 29, 2006

Nachgefragt... Doping im Radsport

Einmal mehr ein Beitrag der "Planeta Eskoria" Sommergespräche für die "Nachgefragt"-Serie. Auch wenn dieses Thema zur Zeit nicht mehr so aktuell ist, wie es beim Auffliegen des "Landis-Skandals" war, machte ich mich auf, um einen Radleistungssportler zum Thema zu befragen. Leider musste ich versprechen, ihn nicht namentlich zu erwähnen. Mein Gesprächspartner fand es einfach zu "gefährlich", als aktiver Radsportler, ein ehrliches Interview unter seinem Namen zu führen. Was uns schon zur ersten Frage an XY führt.

MdC: XY, wir können ja davon ausgehen, dass du mit Doping nichts zu tun hast. Warum willst du dennoch nicht, dass ich deinen Namen erwähne?

XY: Nun ja, es rückt einem Sportler einfach in ein schlechtes Licht, wenn er auch nur im entferntesten mit dem Thema Doping in Verbindung kommt. Auch wenn ich persönlich Doping mehr als ablehne, empfinde ich es als zu gefährlich für mich, meinen Namen in einem Doping-Artikel wieder zu finden.

MdC: Wie hast du den ganzen "Landis-Skandal" erlebt, immerhin hast du ja einen viel näheren Zugang zum Radsport, als es der 0-8-15 Sportinteressierte hat?

XY: Ich war bestürzt aber nicht überrascht. Irgendwann musste es ja auch einmal einen "Großen" erwischen. Und zuvor waren ja auch Radsportpersönlichkeiten wie Jan Ulrich überführt worden. Zur Zeit findet etwas statt, dass man als "Aktion scharf" bezeichnen könnte. Das ist im Grunde eine gute Sache. Die Einnahme von leistungssteigernden Mitteln ist Betrug und nachdem der Profiradsport auch ein Beruf ist, bei dem viel Geld fließt, kann man dies nicht als Kavaliersdelikt bezeichnen.

MdC: Im Radsport fließt viel Geld? Also ich hatte immer das Klischee vom armen Radsportler als Idealisten im Kopf...

XY: Nein, das stimmt so nicht. Klar, junge Radsportler oder weniger talentierte Sportler schwimmen natürlich nicht im Geld. Aber die "Elite-Fahrer" verdienen sehr gut am Sport wie auch die Teams, die Spitzenbetreuer und die Funktionäre. Der Radsport wird sehr professionell geführt, mit sehr professionellen Strukturen. Und man kann dabei gutes Geld machen, weniger als etwa im Fußball oder Skisport, doch man kann sehr gut davon leben, wenn man erst einmal den Durchbruch geschafft hat.

MdC: Ist also das Geld ein wesentlicher Grund für einen Sportler, zu Doping zu greifen?

XY: Ja, das kann so sein. Durchaus. Es ist eine Sache des Charakters. Für viele wird aber nicht die Geldgier in Vordergrund stehen, sondern auch der persönliche Ehrgeiz, die Steigerung der Leistung, notfalls durch verbotene und schädliche Mittel. Wir sind Spitzensportler und trainieren täglich viele Stunden. Der Sport ist unser Leben und darauf fokussieren sich all unsere Ziele. Da kann es passieren, dass man die Grenze aus den Augen verliert. Aber wie gesagt, dies ist eine Sache des Charakters.

MdC: Oft wird auch von überführten Sportlern, egal welcher Sportart, behauptet, dass sie gar nichts von ihrer Dopingaufnahme wussten. Glaubst du diesen Beteuerungen?

XY: Das ist eine schwere Frage... Wir sind Profis, also kennen wir uns alle aus, in unserem Sektor. Aber man kann nicht immer alles wissen. In Einzelfällen kann es also sein, dass der Sportler durch ein Versehen, durch Täuschung oder durch Dummheit Dopingmittel zu sich nimmt, ohne dies zu wollen. Aber es ist auch schwierig all die Dopingmittel im Auge zu behalten. Bis vor einiger Zeit war selbst Koffein noch auf der Dopingliste. Für den Einzelnen ist es dadurch echt schwer, alles im Auge zu behalten. Man muss sich eben auch auf die Betreuer verlassen und ihnen vertrauen. Und der überwiegende Großteil davon ist seriös!

MdC: Nun ja, wenn man gewisse Tabletten oder Ähnliches bekommt, dann fragt man wohl schon nach, was da drin ist, oder?

XY: Klar macht man das. Und Dopingmittel wie EPO oder Testosteronpflaster kann man, meiner Meinung nach, nicht unabsichtlich anwenden. Aber in gewissen Medikamenten, etwa Grippemittel, sind durchaus Substanzen vorhanden, die auch auf der Dopingliste stehen. Dann wird es schwierig.

MdC: Nun denn. Damit wäre das Interview beendet. Ich bedanke mich bei dir für den kleinen Einblick und wünsche dir auch weiterhin viel Erfolg bei den noch ausstehenden Rennen.

Ich hoffe, dieses Kurzinterview war für die LeserInnen von "Planeta Eskoria" interessant und bot einen kleinen Einblick in den Leistungssport sowie die Dopingproblematik.

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gracias por estar ahì

Miguel de Cervantes

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