Mittwoch, November 15, 2006

Rage against the beast

Da der halblustige Schreiberling, der auch den Helden dieser Story darstellt, einmal mehr alleine in der elterlichen Wohnung saß, ergab es sich, dass sich etwas ergab, dessen Ergebnis es nun zu berichten gilt. Wie gesagt, der Held der Geschichte saß alleine zuhause. Die elterlich Abstinenz wurde dadurch verstärkt, dass nicht einmal die "ich-ihr-zugemutete" es als der Mühe als wert erachtete, den Helden der Geschichte in seiner Einsamkeit zu stören. Zum Einen aus dem Grund, da sie kein Interesse an Fußballländerspielen hat (im Gegensatz zum Helden der Geschichte), zum Anderen aus dem simplen Grund, weil sie eine bösartig-gemeine "ich-ihr-zugemutete" ist und keinerlei Rücksicht auf die Neurosen und Phobien des Helden nimmt.

Da sich nicht einmal Freunde des Heldens dazu bereit erklärten, mit ihm die Fußballübertragung im Fernsehen zu genießen, blieb ihm nichts anderes übrig als, bewaffnet mit Soletti und Bier, die Fernsehübertragung alleine zu rezipieren. Sagte ich alleine? Nein, keine Spur davon. Wie der Held der Geschichte allsbald merkte. Er war nicht alleine... es gab da noch etwas anderes... etwas dunkles und bedrohliches... etwas, dass kleinen Kindern und Mindestrentnern ohne Vandal-Gelsenschutz das Blut in den Adern gefrieren lässt... eine Fliege.

Doch keine normale Fliege. Es war eine riesige Fliege, direkt von der Happy-Tchernobyl-Farm. Zwei Zentimeter im Durchmesser, mindestens einen Dekagramm schwer und mit gelblicher Zeichnung an den Flügeln.

Wer mag es dem Helden der Geschichte verdenken, dass er bei deren Anblick kreischte wie Mädchen - auch wenn er bis zu diesem Augenblick nicht wusste, dass er wie ein Mädchen kreischen konnte. Die folgenden Minuten verbrachte er, leise vor sich hinschluchzend und wimmernd, in einer Ecke des großen Raumes, den die Menschen seiner Hemisphäre als "Wohnzimmer" zu bezeichnen pflegen. Wohnzimmer? Für ihn glich dies nunmehr einem Gruselkabinett, in stetiger Bedrohung durch die, offensichtlich irre und hyperaggressive, Fliege. Kein Mobiltelefon in Griffnähe und der Ausgang versperrt durch die Bestie. Es schien aussichtslos...

Doch nun packte es ihm, dieses kümmerliche und weinerliche Häuflein Elend, dass in der Ecke kauerte. Er sagte sich: "Heute ist nicht der Tag, an dem ich sterben werde. Nein, im Geiste meiner Vorfahren, die sich als Bergarbeiter in den Gruben der Reichen verdingten, im Geiste der Vorfahren, die für die wahnwitzigen Ideen der Mächtigen auf den Schlachfeldern Europas verbluteten, werde auch ich die Schlacht meines Lebens schlagen. Es kommt der Zeitpunkt, an dem der Junge zum Manne werden muss. What better time than now, what better place then here?"

Er wischte sich die Tränen der Angst von den Wangen. Er erhob sich (beinahe aufrecht). Er erspähte sein Umfeld. In bester Parcour-Manier hechtete er über die Couch, rollte unter den Tisch durch, sprang auf, rollte sich wiederum über den Boden... und stieß sich seinen linken großen Zeh an dem Bein eines Sessels.

Wiederum begann der Held der Geschichte zu weinen und zu verzagen. Denn der Held der Geschichte hat nicht nur Angst vor Insekten, sondern ist auch sehr wehleidig. Zurück in die Ecke. Den Kopf zu ebener Erde, um den Tiefflager-Attacken des wahnwitzigen Insektes vorzubeugen, erreichte er sie. Er atmete auf. Bemitleidete sich und erflehte den Segen aller Götter dieser Erde.

Und sie waren ihm gnädig. Ein Exemplar der "Kronen Zeitung", prädestiniert zum erschlagen von fiesen Insekten, befand sich nun durch die glückliche Fügung Fortunas in seinen Händen. Endlich bewaffnet. Bewaffnet und entschlossen zum letzten Kampf seines Lebens. Dem alles entscheidenden. Dem finalen. Gut gegen Böse... Demokrat gegen die faschistische Polizei Österreichs... Allianz gegen Horde... Highlander gegen bösen Highlander... Österreich gegen Deutschland... Amis gegen Terroristen... Autor versus Text... James Bond gegen Goldfinger... Alexander van der Bellen gegen Heinz-Christian Stricher... Donald Duck gegen die Teletubbies... ich denke, man weiß nun, worauf ich hinaus will.

Motivierender Schlachtruf, Hechtsprung auf die Fliege, klatschender Klatscher mit der "Kronen Zeitung" (dafür ist sie allemal gut)... und es war vollbracht. "Ich brauche Gegner, keine Opfer!", war die Verhöhnung, die der Held seinem sterbenden Opfer in einem übermaß an Übermut entgegenbrachte. Es war vollbracht - jener, der als Junge auszog um die Bestie zu besiegen, kehrte wieder... als Mann.

Der Junge von einst starb in dieser apokalyptischen Schlacht. Es ist immer so, man tauscht das, was man verliert, gegen das was man kriegt. Das Leben würde ab diesem Zeitpunkt nicht mehr das selbe sein. Zuviele Opfer wurden aufgebracht. Wer dem Tod von Angesicht zu Angesicht in die dunklen Augen starrte, der ist verändert. Der Junge war nicht mehr vorhanden, er lebt weiter im Helden. Dramatisch, oder?

gracias por estar ahì

Miguel de Cervantes

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