Donnerstag, Mai 19, 2005

Der ICH-Staat

Die Ich-AG war gestern. Sie hat diesen Touch der billigen Überzeugung, der Aushöhlung von Arbeitsgesetzen, sie ist ein Hort gebrochener Träume. Wer will schon noch seine Ich-Ag gründen? Niemand, außer ein paar ewig begeisterten mit hautengen Jeans und Fructis-Wetlook unterm Truckerkäppi. Die Zukunft des Ichs liegt im Ich-Staat und ich muss es wissen.

Vor zirka fünf Minuten gründete ich ihn - meinen eigenen kleinen Ich-Staat. Der Ich-Staat ist wirklich klein, er misst nur ganze 1.82 m, wiegt 72,5 kg, hat blaue Augen, trägt meist eine Brille (bei 4 Dioptrien ist dies ein etwas kurzsichtiger Ich-Staat) und des weiteren erscheint er durch seinen Drei-Tagesbart meist ein bisschen unrasiert aus. Mein Ich-Staat ist eine Mischung aus einem rationellen Menschen, der Wissenschaft verhaftet, und einem geselligen Träumer, der auch gerne stundenlang über sinnlose Dinge philosophiert. Mein Ich-Staat ist nett zu anderen obwohl er sich auch gerne über andere lustig macht. Kein Ich-Staat ist perfekt.

Aber lassen Sie mich erst einmal meine Theorie über den Ich-Staat erklären. Kennen Sie die Kinderserie "Es war einmal das Leben"? Wenn ja, dann wissen Sie ja, dass der Mensch und sein Organismus als eigene Einheit mit eigenen Individuen dargestellt wird. Keine Sorge, ich rede hier nicht von Schiziophrenie oder ähnlichem. Es werden einfach die verschiedenen Körperfunktionen und die beteiligten Stoffe hieraus (z. B. rote Blutkörperchen, Neurotransmitter...) kindgerecht als kleine Lebewesen im Körper betrachtet. Diese Serie hatte Stil, sie war lustig und man lernte dadurch und deshalb wurde ich von ihr zum Ich-Staat beeinflusst.

Ich mag die Vorstellung, dass sich in meinem Körper die roten Blutkörperchen über die flitzenden Vitamine beschweren, in meinem Gehirn kleine faule Beamte arbeiten und böse Bakterien sofort von den alarmierten Freßzellen beseitigt werden. Dadurch lernte ich die Grundzüge der Biologie des Menschen - ganz einfach. Aber damit nun genug der Inspiration und wir gehen auf den Ich-Staat im besonderen ein.

Mein Ich-Staat ist nicht nur wie zuvor beschrieben wurde ein kleiner Staat, sondern er hat auch keinen Namen. Ich wollte nicht meinen Vor- oder Nachnamen dazu benutzen denn dies wäre nun wohl ein bisschen egomanisch gewesen. Deshalb wird mein Ich-Staat wohl auch zukünftig "der Staat ohne Namen" sein. Des weiteren braucht mein Ich-Staat auch keine Armee - sogar der Vatikan mit seiner Schweizer Garde ist gefährlicher als mein kleiner Ich-Staat. Ich könnte mich wohl am ehesten mit einem Land wie Liechtenstein vergleichen, klein, keine große Bedeutung aber dennoch auf der Landkarte.

In meinem Ich-Staat gibt es außer den Genfer Konventionen und den internationalen Menschenrechten auch keine Gesetze und keine Verordnungen. Mein Ich-Staat braucht so etwas nicht, denn mein Ich-Staat ist demokratisch und der direkten Demokratie verschrieben. Was immer die Bevölkerung, also ich, auch machen will, der Souverän, also ich, führt dies sogleich aus und leistet dem Folge. Praktisch, nicht wahr? Naja, Pluralismus ist in diesem Sinne bei einer Bevölkerungsanzahl von genau 1 natürlich schwer, ein schizophrener hätte es hier durchaus einfacher, aber ich denke man kann die Thematik des Pluralismus bei einer so glänzend funktionierenden Demokratie auch vernachlässigen. Genug davon, gehen wir auf speziellere Dinge der Verwaltung über...

Das Budget meines Ich-Staates (das ja leider doch sehr klein ist) teilt sich folgendermaßen auf die Ressorts auf: Kulturministerium (40 %), Außenministerium (10 %), Verkehrsministerium (10 %), Landwirtschaftsministerium (20 %) sowie das Sportministerium (20 %). Was aber geschieht in den einzelnen Ressorts? Ganz klar, der Kulturminister (ich) verwendet sein Budget für abendliches fortgehen und Parties, das Außenministerium verwendet seine bescheidenen Mittel für Geschenke an andere (z. B. Geburtstag), das Verkehrsministerium gibt die Kohle für Fahrten aus (ist ja auch das Verkehrsministerium), der Landwirtschaftsminister ist für die Ernährung zuständig (hauptsächlich mag er Kebab und die italienische Küche) und zu guter Letzt, der allseits unbeliebteb Sportminister - er passt darauf auf, dass immer mal ein bisschen etwas übrig bleibt für unvorhergesehenes - Sportgeräte kaufen sich leider nicht von selbst. Aber alles in allem hat mein Ich-Staat nette Minister (ist ja klar, bin ich ja selbst in Personalunion) und die Arbeit funktioniert wie geschmiert.

Mein Ich-Staat ist kein isoliertes Reich. Er verbindet sich gerne mit anderen kleinen Ich-Staaten (besonders mit weiblichen) und deshalb ist mein Ich-Staat in ein breites Netz der internationalen Kooperation begriffen, er verschließt sich nicht äußeren Einflüssen wie es zum Beispiel die Schweiz macht. Aber nun genug vom Ich-Staat, denn nun hat mein Ich-Staat zu tun, das Budget füllt sich ja nicht von selbst ;)

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