Ich denke es herrscht ein Generalkonsens das Reisen etwas feines ist. Bei soviel Mobilität im Alltagsleben (vom Mobiltelefon zu Wireless-Lan) muss man sich einfach einmal eine Auszeit der technischen Mobilität nehmen und stattdessen physisch aktiv werden. Nun stellt sich natürlich die Frage wohin es gehen soll. Fernreisen sind nur etwas für reiche Menschen oder solche, die durch mehr oder weniger glückliche "Zufälle" an die nötige Barschaft geraten. Doch kein Problem, er hat schon Lust darauf um die ganze Welt zu kurven um dann den ganzen Tag nur Asiaten zu sehen und kein Wort zu verstehen was die reden. Nichts gegen Asiaten, aber sie verwirren einen nachdem sie irgendwie alle gleich aussehen - wahrscheinlich geht es Asiaten mit Europäern ähnlich. Und außerdem: Wer an Flugangst leidet wie der Autor dieser Zeilen wird es sowieso vermeiden zu fliegen. Flugangst? Nein, nicht Flugangst an sich - der Vorgang des Fliegens wäre ja noch tragbar doch empfinde ich das Fliegen mit all den Umständen als sehr störend. Wer kennt das nicht, kaum läuft endlich mit viel, viel Glück einmal ein guter Film an Board der Flugmaschine wird man gerade bei der besten Pointe oder am spannendsten Teil des Filmes von der freundlichen Stewardess gestört, die einen irgendwelchen ungenießbaren Fraß andrehen möchte. Nein, es ist beschlossen, der Autor wird reisen aber er wird nicht fliegen.
Also was bietet sich an - man geht auf Interrailtrip. Klingt ziemlich simpel und preiswert, so etwas kann sich auch ein Mitglied der Working-Class leisten. Nächster Schritt: Man begeistert seine Freunde von der Idee dieser Reise. Kein schweres Unterfangen, mit den richtigen Argumenten, ein paar Übertreibungen und erfundenen Berichten von der Freundin einer Freundin die so etwas schon einmal gemacht hat gelingt es alsbald eine ordentliche Reisetruppe zusammenzustellen. Noch schnell die Finanzierung abklären, einen Job für die Ferienzeit suchen und schon kann man mit der Feinplanung beginnen. Man hängt stundenlang vor dem Computer und googelt so lange herum, bis man schließlich und endlich einen funktionierenden online-Eisenbahnroutenplaner findet. Danach werden noch mindestens fünf Routen geplant und man kann sich endlich den wirklich essentiellen Dingen des Reisens widmen. Was werde ich brauchen? Zelt, Schlafsack, bequeme Klamotten sind ja vorhanden, vielleicht noch einen 100er Pack Kondome organisieren, den Hausarzt um irgendwelche Wundermittel um nicht krank zu werden anquatschen und dann wäre dieses Thema auch erledigt. Bleibt danach nur noch übrig sich das Interrailticket zu kaufen und dann könnte die Reise nach z.B. Perpignan, Barcelona und Valencia über Paris mit Kurzabstecher nach Madrid losgehen.
Fehlt noch etwas? Ja, das wahre Motiv einer Reise. Habe ich vormals erwähnt, es wäre uninteressant den ganzen Tag nur Asiaten zu sehen und nicht zu verstehen was sie sagen. Ganz so ist es nun doch nicht. Es müssen ja keine Asiaten sein - es gibt ja auch Sprachen in Europa die man nicht oder nur schwerlich versteht. Und dies ist von Vorteil! Nehmen wir an wir sitzen in einen Kaffeehaus in Österreich - auch wenn der Autor keinen Kaffee mag und demnach niemals in einem Kaffeehaus anzutreffen ist. Die Leute am Nebentisch nerven doch einfach nur mehr, wem interessiert ihr Gequatsche über Kuraufenthalte oder den neuen VW-Passat? In Spanien ist das anders. Mit meinen spärlichen spanisch Kenntnissen erhält jedes aufgeschnappte Gespräch sogleich eine magische Bedeutung. Ich höre zu und denke mir, dass die sicher über etwas ganz wichtiges reden. Wahrscheinlich über marxistische Ideen oder die Dialektik von Hegel. Ich bin begeistert. Auch wenn sie vielleicht nur über Kuraufenthalte sprechen oder über den neuen Seat Ibiza - ich werde es niemals erfahren und bleibe in meiner Traumwelt über das intelligente und philosophische Gespräch am Nebentisch. Ich will daran glauben und dieser Glaube macht das Reisen erst so wirklich erstrebenswert.
Freitag, Mai 06, 2005
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
2 Kommentare:
:) (weil du solche vielsagenden Kommentare ja so gerne hast)
Herzlichen Dank, ich kann gar nicht genug davon bekommen ;)
Kommentar veröffentlichen