Dienstag, August 29, 2006

Fish and Chips für den Müll

Als ich vor etwas mehr als fünf Jahren, zum ersten Mal in meinem Leben, Großbritannien betrat, machte ich einige, für mich, interessante Entdeckungen. Zum Einen empfand ich die Flughafendecke in London Heathrow als ungewöhnlich niedrig. Kein anderer Flughafen, den ich seither zu Augen bekam, schien eine so niedrige Decke zu haben. Des weiteren beschloss ich vom ersten Augenblick an, die Briten zu mögen. Immerhin wird ja auch mir oftmals ein „britisches Temperament“ unterstellt.

Ja, im Laufe der Zeit ging ich sogar so weit, dass ich „Fish and Chips“ mit einer Inbrunst verspeiste, wie ich sie sonst nur bei indischen Gerichten an den Tag lege. Nicht zu vergessen: der Tee, der echt eigenartig gut schmeckt. Und der britische Fußball. Und die verschiedenen Dialekte der Sprache. Und die BBC. Und die Pub-Atmosphäre.

Kurz gesagt, ich hätte mich beinahe dazu entschlossen, meinen Hauptwohnsitz nach Großbritannien zu verlegen. Gesetzt dem Falle, ich würde es schaffen, in den nächsten Jahren reich zu werden. Doch eine Sache störte. Jene hunderte und tausende Kameras, die einem auf Schritt und Tritt zu verfolgen scheinen.

Nun bin ich sicherlich kein paranoider Mensch. Zumindest nicht über jenes Maß hinaus gehend, dass man als „gesundes Misstrauen“ bezeichnen könnte. Doch überall Überwachung im öffentlichen Raum? Nein, daran könnte ich mich nicht gewöhnen. Zuviel „Big Brother“ ist nicht mein Ding.

Den Briten scheint es egal zu sein. Sie freuen sich fast darüber, dass sie überwacht werden. Stimmt, oder? Falsch! Stimmt nämlich nur insofern, dass es ihnen egal ist, wenn sie überwacht werden. Doch wenn es um ihren Müll geht, ja, dann sind die Briten nicht mehr so geil darauf, überwacht zu werden.

Der Hintergrund: Die lokalen Verwaltungen setzen mehr und mehr auf Müllchips für die Berechnung der einzelnen Müllgebühren. Ein Verfahren, dass in Deutschland bereits häufig stattfindet, etwa in Bremen. Demzufolge stammen die Müllchips auch aus einer krautschen Fabrik, wodurch sich zur allgemeinen Müllparanoia noch eine gehörige Portion Anti-Kraut-Denkens von Seiten der Briten gesellt.

Frei nach dem Motto: „Liebe Briten, es war uns egal, dass sie uns überwachten. Doch nun wollen sie wissen, wie viel unser Müll wiegt. Das geht zu weit. Und das schlimmste: Die Krauts stellen die Chips her. Das ist eine potentielle Gefährdung für das Empire. Wer weiß denn, was diesen irren Krauts so alles einfällt?“ Ja, so stelle ich mir einen Aufruf eines lokalen Tory- oder Labourpolitikers vor. Als Österreicher hegt man ja auch des Öfteren gewisse Antipathien für die Nachbarn aus Deutschland. Doch um meinen Müll dürften sie sich jederzeit und bedenkenlos kümmern.

Als Quintessenz bleibt: Die Briten lassen sich überwachen, doch wenn es um ihren Müll geht, dann ist Schluss mit „Big Brother“ – spielen. Denn wenn sie ihren „Fish“ in die Mülltonne werfen, dann wollen sie nicht, dass ein münzgroßer „Chip“ am Deckelrand der Tonne aufzeichnet, wie viel der ganze Spaß wiegt. „Fish and Chips im Restaurant? Ja! Fish and Chips in der Mülltonne? Nein!”

Die Grafik "http://news.bbc.co.uk/media/images/40507000/jpg/_40507421_fishandchipspa.jpg" kann nicht angezeigt werden, weil sie Fehler enthält.

gracias por estar ahì

Miguel de Cervantes

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

so... jetzt hab ich hunger... auf indisches eis, essigchips und englische sandwiches... und nichts zu essen hier :( hach Cervantes! Sie sind keine große Hilfe

verhungernd
Lila Elefant

Miguel de Cervantes hat gesagt…

Ja, ich weiß, dass ich keine große Hilfe bin... es tut mir auch irgendwie leid... nein, tut mir nicht leid... wo würde ich denn da hin kommen, wenn mir jede/r Hungrige/r leid tun würde... zur Not können Sie es ja wie ich machen: Verspeisen Sie Sportmüsliriegel - die schmecken zwar nicht sonderlich, machen aber wenigstens satt.

con saludos

Anonym hat gesagt…

ich hab aber keine sportmüsliriegel!!!! ich kaufe keine produkte mit der vorsilbe "sport" prinzipiell nicht!!!!

aber ich stand heute im supermarkt und dachte so bei mir (ohne scheiß!) "ich kauf mir jetzt eine packung kinder schokolade weil wenn der cervantes heute wieder vom essen schreibt kann ich wieder nicht einschlafen" und schon gekauft! Sie haben mich zur Konsumentin gemacht! Sie sollten sich also ernsthaft gedanken machen. Ich meine, wann kann man schon einmal so direkt eine Wirkung beweisen? das kann die gesamte medienwirkungsforschung nicht! Sie haben einfluss! damit sollten Sie nicht leichtfertig umgehen!

mit konsumierenden grüßen und kinderschokolade im mund
Lila Elefant

PS: nett gegendert ;)

Miguel de Cervantes hat gesagt…

Nun haben Sie mich ertappt. Doch wie man ja schon an früherer Stelle feststellte, bin ich ja kein Journalistiker sondern aus dem Fach der Propaganda.

Und da ich nicht nur bei Grunig, Hunt oder Zerfaß brav aufpasste, sondern auch beim dicken Benno, bin ich nun soweit, dass ich Wünsche, getarnt durch subredaktionelle Beiträge, wecken kann. Toll, nicht? (ja, von Zeit zu Zeit braucht mein Ego einfach solch aufgeplusterte Formulierungen)

Dass ich Einfluss habe, finde ich eigentlich nicht so schlecht. Sagen sie das mal meinen nicht ganz 3jährigen Adoptivcousin, der mir auf der Nase herumtanzt, obwohl ich ihm im Winter half, einen Schneemann zu bauen. Null Autorität, dieser Cervantes.

Kinderschoko ist ja nicht übel... stellen Sie sich vor, ich würde etwa versteckt den Wunsch nach Zigaretten oder Alkohol wecken... das wär dann wohl was... nicht auszudenken.

mit sich wichtig fühlenden Grüßen

Mig

Miguel de Cervantes hat gesagt…

ps: wenn man einmal mit der Genderei anfängt, dann isses auch gar nicht mehr so schlimm... auch wenn man auf der Uni immer mal wieder lernt, dass man dies wohl nur bei "wissenschaftlicher Schreibe" tun müsse... mir machts mittlerweile nichts mehr aus... die letzten Rechtschreibreformen und die Beistrichsetzung generell sind schlimmer