Mittwoch, November 22, 2006

Gut versus Böse?

Vielleicht kann sich ja der Eine oder die Andere noch an jene Zeit erinnern, als Bush der Vollidiot und die Lachnummer der Welt war. Es war eine schöne Zeit, oder? Immer mal wieder gab es die neuesten Hoppalas, die peinlichsten Aktionen sowie immer wieder frisches Bildmaterial, welches die Unfähigkeit von Bush unterstrich. Auch er selbst schien sich in der Rolle nicht wirklich wohl zu fühlen. Als Präsident der Vereinigten Staaten mit der Lizenz zur Dummheit verbrachte er seine Zeit lieber an einem Ort und mit einer Tätigkeit, die er konnte und mochte. Als Rancher auf seiner Ranch in Texas - der Bush-Bauer eben.

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Bild: Der "Führer der freien Welt"

Vier explodierte Flugzeuge, zwei eingestürzte Türme, ein beschädigtes Pentagon und eine verwüstete Wiese am Arsch der Welt später, sah die Sache anders aus. Bush war der "Führer" (besonders Deutsche und Österreicher sollten bei diesem Wort kurz zusammen zucken) der freien Welt und seine "heilige" Mission war es, den Krieg gegen den Terror zu führen. Wieder einmal ein Krieg gegen ein Substantiv... dies funktionierte ja schon im Krieg gegen die Drogen und im Krieg gegen die Armut so hervorragend! (Achtung-Ironie-Schild ist nun hoch erhoben)

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Bild: Sieg im Krieg gegen den Hunger

Was geschah daraufhin? Während zwei Kriege geführt wurden, völkerrechtswidrige Kriege, und junge Menschen auf den Schlachtfeldern verbluteten, während tausende und abertausende Zivilisten im Bomben- und Kugelhagel ihren gewaltsamen Mord sterben mussten, während all diese Dinge geschahen, für die sich eine freie Wertegesellschaft schämen müsste... wurde auch eine zweite Front aufgezogen.

Denn Kriege werden nicht nur mit Explosionen und Blut geführt. Es gibt immer die zweite Front, die Meinungsfront. Und so wurden die "westlichen" Gesellschaften einer Gehirnwäsche unterzogen. Wir wehrten uns nicht, wir ließen es zu. Aufständische waren auf einmal Terroristen. Jede Form von Widerstand, jede Form anderer Meinungen, waren plötzlich verdammt dazu, als Gegner der "freien Welt" da zu stehen. Kritik war nur legitim, wenn es die anderen betraf. Denn der "Westen" war der "Gute", der islamisch geprägte Kulturkreis das "Böse".

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Bild: "Böser" Irak

Das Wort "Mudschaheddin" alleine genügte schon, um den verängstigten Bürgern das bloße Grauen zu lehren und der Anti-Depressiva-Industrie neue Rekordverkäufe zu bescheren. "Mullahs" erschienen uns als bösartige Kreaturen, trollgleich, die in finsteren Höhlen hausen, um dort Pläne zu schmieden, wie sie uns den Tag am besten vermiesen könnten. Regte sich leise Kritik, so wurde die Terrorwarnstufe in den fantasievollsten Farben hochgeschraubt. Beispiel gefällig? "Für die Weihnachtsfeiertage gilt Alarmstufe violett!" Verdammt, was hat denn "Violett" mit Terror zu tun? Während also die Soldaten des "Westens" durch den Krieg entmenschlicht wurden, wurde der "Feind" an der Meinungsfront durch die Berichterstattung entmenschlicht. Und mit ihm Millionen von Mitbürgern dieser Erde und eines Kulturkreises, der einige der wertvollsten Entwicklungen dieser Erde hervorbrachte. Man denke nur an die Bereiche Astronomie oder Literatur.

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Bild: Karrikaturen zum lachen und gruseln

Aber wir hatten eben eine Heidenangst und so nahmen wir es auch mit leichtem gemotze in Kauf, dass "unsere Wertegemeinschaft" nicht davor zurückschreckte, diese "bösen Terroristen" zu verschleppen, zu foltern und zu morden. Eine "Wertegemeinschaft" wie unsere muss so ein bisschen Folter und Menschenrechtsverletzung schon vertragen, so dachten wir uns wohl insgeheim. Und die Sache mit den Konzentrationslagern? Na die sind ja eh weit weg, in irgendwelchen Bananenrepubliken. Ein bisschen wegschauen und nur ja nicht daran denken, anstatt sich dafür zu schämen. Ja, wir sollten uns schämen! So wie auch ich mich schämen sollte. Anstatt pixelweise Unsinn auf "Planeta Eskoria" zu verbreiten, hätte es nur eine Überschrift und einen Text geben müssen - und zwar jeden Tag:

"Stoppt die Konzentrationslager und Folterungen - Unsere Wertegemeinschaft pfercht Menschen in Konzentrationslager, foltert sie und morded sie. Unsere Wertegemeinschaft gibt einen Dreck auf die Menschenrechte und wir sehen einfach weg wie es früher die Menschen im NS-Regime taten. Dies muss aufhören, wir müssen hinsehen und dies beenden - heute!"


Bild: Pforte KZ Ausschwitz

Und da wir in unserer Arroganz davon ausgehen, dass wir sowieso die fortschrittlichsten Menschen der Erde sind und Menschen anderer Völker nicht lesen können, geschweige denn so etwas wie ein Nachrichtenwesen aufgebaut haben, dachten wir, wir würden damit durchkommen, ohne dass es wer merkt. Frei nach dem Motto: Wenns keiner sieht, dann ist es nicht passiert - wie einst beim Schweigen der Menschen zu den Gräueltaten der Nazis.

Aber soviel sei gesagt: Auch Menschen in Ländern, die nicht zum "Westen" gehören, können lesen. Auch dort gibt es Zeitungen und sie haben sehr wohl gesehen, welche Scheiße der "Westen" am laufenden Band fabriziert. Wir dürfen uns also nicht wundern, wenn sie uns auslachen, wenn wir, als "der gute Westen" wieder einmal die Moralkeule schwingen, um an deren Bodenschätze zu kommen oder sonstwelche "berechtigten" Interessen durchsetzen wollen. Sie haben gesehen, was man von "uns" erwarten kann und was "unsere" Gesellschaft" wert ist.

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Bild: Stummer Protest

Doch kommen wir zurück zu Bush. Nach den verlorenen Wahlen, dem Verlust von Macht seiner Administration, wird es nun leer in seinem Kriegskuschelzimmer. Berater und willige Journalisten verlassen ihn und sprechen mehr oder weniger deutlich davon, dass in den letzten Jahren eine gewaltige Misere, eine menschliche Tragödie, angerichtet wurde. Die Europäer distanzieren sich sowieso, denn sie waren ja "eh nie dabei" - obwohl ihre Soldaten genauso mordeten wie es US-Soldaten taten. Aber die Europäer meinen halt, sie könnten sich fein aus der Affäre ziehen. Zu blöd, dass die gesamte restliche Welt dennoch weiß, wer sich hier mit wem ins Bett legte, um unschuldige Menschen zu morden, eine Wahnsinnsideologie durchzusetzen und nebenbei fürs Big-Business zu sorgen.

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Bild: Glücklicher Kapitalist


Ja, Bush wird wohl bis zum Ende seiner Präsidentschaft wieder mehr und mehr demontiert werden. Vielleicht ist er beim Abgang für alle Welt wieder jener Idiot, der er sowieso schon immer war. Genugtuung ist dies jedoch keine. Es wurden Kriege geführt, die Welt wurde mehr und mehr destabilisiert, humanitäre Katastrophen wurden ausgelöst und es fand vor allem ein großer Anschlag statt. Ein Anschlag auf die Menschenrechte, die anscheinend nicht einmal mehr das Papier wert sind, auf das sie gedruckt wurden.

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Bild: Menschenrechte treten

Wird ein neuer US-Präsident wieder alles ins Lot bringen? Nein, auf keinen Fall. Denn es war und ist nicht nur Bush, der einen stinkenden Haufen Scheiße produziert. Dieser unselige Geist der Zerstörung, dieser unselige Gestank des Todes, weht auch aus den Parlamenten Europas, er mieft aus den Konzernzentralen die ein riesiges Geschäft machten. Er weht aus den Bankhäusern, die die Kriege finanzierten und sich goldene Eier damit verdienten. Und er stinkt von jener Ideologie der Menschenverachtung und Angst, die sich in den letzten Jahren in unseren Geist geschlichen hat. Die Zeit wird weisen, wie es hier weitergeht - doch mit der Einsicht, einen Fehler gemacht zu haben und einer Entschuldigung können wir, der "Westen", wohl nicht mehr unseren Hals aus der Schlinge ziehen. Dies wäre nur ein Anfang eines langen Prozesses, den wir gehen müssten, wenn wir wirklich glauben, dass wir "Werte" und nicht bloß Massa Kapital und Macht vertreten.

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Bild: Ohne Worte
gracias por estar ahì

Miguel de Cervantes

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