Dienstag, März 27, 2007

Amateurklub als Vorzeigeverein

Nun muss zu Beginn angemerkt werden, dass der Schreiberling dieser Zeilen seit einigen Jahren kein Fußballstadion mehr betrat - mit einer kleinen Ausnahme des Camp Nou in Barcelona, welches er aber nur abseits des Spielbetriebes besichtigte. Und es stimmt: Der Schreiberling hat sich bereits einige Zeit vom österreichischen Fußball losgesagt und drückt nun nur noch, sporadisch, für Klubs wie Celtic Glasgow, den FC Barcelona oder den FC Liverpool die Daumen. Da der österreichische Fußball einfach lächerlich ist... hier eine Legionärstruppe, gedopt mit Millionen eines thailändisch/österreichischen Getränkekonzern, dort Traditionsvereine mit Konkursverfahren, dazwischen ein paar Dorfklubs und alle paar Wochen Ausschreitungen, die mit dem Sport nichts zu tun haben. Es ist also nicht nur die engere Fußballkultur, sondern auch die Fankultur im weiteren Sinne, die dem Fußball seine an und für sich tolle Kraft raubt.

Dass es aber auch anders geht beweist der SV Austria Salzburg, welche sich im Zuge der Übernahme der einstigen Austria durch Red Bull neu konsolidierte. Und wenngleich die Fans dieses Klubs in der Vergangenheit als Rabauken, Hooligans und Idioten dargestellt wurden, zeigen die Tatsachen ein völlig anderes Bild. Denn wenn es in Salzburg einen Klub mit "richtigen" Fans anstatt von bloßen "Zusehern" gibt, dann ist es nicht der Vorstadtklub aus Wals, welcher immerhin Tabellenführer der österreichischen Bundesliga ist, sondern die wieder erstarkte Austria.

Der Klub wird von den Fans und für die Fans geführt. Er befindet sich zur Zeit an der Tabellenspitze einer niedrigen Salzburger Liga und dennoch pilgern zu den Heim- und Auswärtsspielen immer wieder um die 1.000 Fans. Die Fans benehmen sich mehr als ordentlich und sind ein Vorzeigebeispiel für gelebte und faire Fankultur - und somit auch bei Auswärtsspielen immer mehr als willkommen.

Als im November des Vorjahres an einem Nachmittag die Tribüne der Spielstatt von Jugendlichen abgefackelt wurde, stand der Klub vor dem Problem, über keine geeigneten Einrichtungen für die Fans zu verfügen. Ein Problem, welches wiederum durch die Fans gelöst wurde, indem sie in Eigenregie und unentgeltlicher Arbeit kurzerhand ein Tribünenprovisorium aufbauten. So viel Engagement gehört gewürdigt und sollte als Vorzeigebeispiel eines Klubs dienen, der zur Zeit für seine Verhältnisse nicht nur sportlich top ist, sondern auch über eine Top-Fanbasis verfügt. Eben eine andere Art von Klubführung, von Fankultur und vor allem Spass am Sport - aktiv und passiv. Und der Schreiberling wird alsbald seine selbstauferlegte Stadionsperre unterbrechen, um sich ein Heimspiel des SV Austria Salzburg anzusehen und die Violett/Weißen dabei anzufeuern. Eben ein Klub mit Tradition, ein Klub mit Herz, ein Klub mit Intelligenz und vor allem großartigen Fans - Fans, die nicht einmal durch die Millionen eines Getränkekonzernes gekauft werden konnten und daraufhin übelst diffamiert wurden; sie haben die Diffamierungen in ihrer gelebten Fankultur und ihrem friedlichen und euphorischen Verhalten eindrucksvoll wiederlegt!

gracias por estar ahì

Miguel de Cervantes

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

bin zwar kein Fußballfreak
aber zu Celtic Glasgow möchte ich was ergänzen. Zwischen Celtic Glasgow und Rangers (ein weiterer Fußballklub in Glasgow) das nenn ich Brutalität. Da sollen Austria und Rapid ein Lercherl sein dagegen. Allerdings schwingt da auch mit, dass die Celtics katholisch sind und die Rangers protestantisch und das ist in Schottland nicht unproblematisch, weil es da auch teilweise Hass herrscht!

Miguel de Cervantes hat gesagt…

Jep, Celtic war ja vor allem der Klub irischer Einwanderer. Während die Rangers ein Klub der Protestanten sind, die die Oberschicht darstellten, waren die Fans von Celtic eher in der unteren Schicht angesiedelt und vorwiegend katholisch. Bei einem Derby spielt also auch die geschichtliche und politische Komponente eine große Rolle. Fußball ist und war schon immer mehr als "bloß" Sport - im positiven und im negativen Sinne