Früher galten ein tolles Auto und eine schick eingerichtete Wohnung bereits als Statussymbol. Heute fahren wir Autos, weil es kaum mehr anders ginge. Und mit dem neuesten Schrankmodul "Björn" oder "Inga" von IKEA entlockt man niemandem Bewunderung. Doch da man sich Statussymbolen nicht entziehen kann und will, müssen eben neue Formen her.
Und gefunden wurden sie in Fernreisen. Was früher einer überschaubaren Anzahl von wagemutigen Weltenbummlern vorbehalten war, ist heutzutage gängiger Usus in der Altersgruppe 20+. Wer etwas auf sich hält, der bereist fremde Kontinente. Aber natürlich nicht mit den spießigen Koffern der Elterngeneration, sondern mit trendigen, multifunktionalen Rucksäcken. Backpacker eben. "Der Rucksack ist es!", sprach er, und machte sich auf gen Norden, Süden, Osten oder Westen.
Spätestems seit dem Film "The Beach" ist Thailand das vorrangigste Ziel, zur Erlangung von Status. Aber auch andere Länder erfreuen sich größter Beliebtheit. Wer jettet nicht gerne mal schnell nach Asien, macht ein Wenig Party in Australien, um sich kurz darauf am "Ground Zero" wieder zu finden?
Natürlich spricht hierbei niemand von Status. Die Individualität, die Kulturbegegnung wird betont. Doch bei genauerer Betrachtung erscheint dies als ausgelustschtes Quasi-Argument. Denn wirkliche Kulturbegegnungen sind eben nicht möglich, wenn man von internationalem Hostel zu internationalem Hostel reist. Man muss nichts mehr riskieren bei Backpackertouren, man findet das Gewohnte in exotischer Landschaft. Sollte dem Reisenden der Kulturschock dennoch kurzzeitigl übermannen, so genügt ein Besuch bei McDonalds oder einer jener global allgegenwärtigen "Irish Pubs", um dem entschärften Fremden zu entfliehen.
Die neue Form der Fernreisen, mitsamt den Billig-Angeboten, ist demzufolge nur eine modifizierte Form des sicheren, des geschützten Reisens. Man stapft in Spuren, die schon längst von der Tourismuswirtschaft erschlossen wurden. Wege und Pfade, die auf den westlichen Geschmack von Komfort ausgelegt sind. "Echte" Kulturerfahrungen sind kaum möglich. Aber wem stört es, wenn man zumindest durch Fotos (von den ewig gleichen Motiven) seine Anwesenheit in fernen Ländern bezeugen kann? Status ist Status und auch ein Porsche ist im Grunde nichts anderes als ein Auto.
Und der Schreiberling, dessen Sehnsucht nach wirklichen Abenteuern sich weit über seine Leidenschaft für le Parkour erstreckt? Der wird, in gewohnter Manier, diesem Trend trotzen und das echte Risiko, die echte Herausforderung suchen. Er wird die Arktis mit dem Fahrrad bereisen, in Iglus schlafen und sich von Fischen und Sportmüsliriegeln ernähren. Und wer weiß, vielleicht bringt er den Inuit auch ein Wenig Schnaps mit? Morgen vielleicht...
gracias por estar ahì
Miguel de Cervantes
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