Mittwoch, März 14, 2007

Die Blogosphäre und der Terror

Ich habe mir einmal die Mühe gemacht und einige deutschsprachige Blogs abgeklappert. Thema meiner Suche: Die Berichterstattung über das echte oder vermeintliche "Terroristenvideo", welches auch Österreich "bedroht". Und ich fand es erschreckend, wie sehr auch die Blogosphäre in den Mainstream verfällt.

Besonders AutorInnen libertärer (oder liberaler) Blogs taten sich besonders hervor, wenn es darum ging, die gängigen Propagandasprücherl zu wiederholen. Man müsse eben "Flagge bekennen", man müsse "die Terroristen bekämpfen und ausräuchern", der Westen führe einen Kampf für "Frieden, Menschenrechte und Demokratie"... es wurde eben genau jener Müll nachgeschrieben, der auch die Mainstreammedien bevölkert. Hier sei gesagt: Bei den meisten Libertären scheint sich ihr Libertarismus leider nicht durch ihr Denken zu zeigen.

Die tollste Propagandalüge: Der Westen zieht (bewaffnet) aus um Demokratie, Frieden und Menschenrechte in die geknechteten und rückständigen Länder dieser Erde zu bringen. Und wie macht man das? Natürlich mit Bomben, Kugeln und Raketen. Mir drängt sich hier statt dem Bild der Friedenstaube dann schon eher das Bild der Kolonialmacht auf. Der Westen bringt keinen Frieden, der Westen "schnappt" sich Kolonien und damit Einfluss und Ressourcen. Und wer sich (wie im Irak und Afghanistan) gegen die Besatzungs/Kolonialtruppen wehrt ist ein Terrorist? Schön langsam frage ich mich, wer der wirkliche Terrorist ist... die Mudschaheddin/Aufständischen oder doch der selbstgefällige "Friede, Freiheit, Menschenrecht auf Erdöl"-Westen.

Ja, es wurden blöde Klischees von "Gute Truppen des Westens versus böse Terroristen" bemüht. Verkürzende Darstellungen, die einmal mehr zeigen, dass die Kriegspropaganda erfolgreich war. Alles ist erlaubt, sofern es gegen die bösen, bösen und nochmals bösen Terroristen geht... denn immerhin schlottern uns die Knie. Einmal kurz die Ohren aufsperren: Seit der Westen Krieg gegen den Terror führt, in jener bewaffneten und kriegerischen Weise, haben terroristische Organisationen vermehrten Zulauf erhalten. Soviel dazu, dass ein bewaffneter Angriffskrieg Probleme lösen würde.

Ich hätte mich gefreut, wenn der Frage nachgegangen wäre, was österreichische Soldaten, deren Abzug im Video gefordert wird, überhaupt in Afghanistan zu suchen haben? Österreich ist ein neutrales Land (so steht es in der Verfassung) und nun mischen wir in einem Krieg mit, in dem die NATO unter dem "Oberkommando" der USA eindeutig das Sagen hat?

Afghanistan wurde durch einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg durch die NATO erobert - seit wann ist Österreich Mitglied oder Helfer der NATO? Österreichische Soldaten raus aus Afghanistan, nicht wegen eines echten oder vermeintlichen "Terroristenvideos", sondern einfach weil dort österreichische Soldaten nichts zu suchen haben. Es sei denn wir wollen auch ein Wenig kolonialisieren und bei den "Großen" mitmischen. Aber dann seid bitte so ehrlich und erzählt der Bevökerung, warum die Soldaten wirklich dort stationiert sind. Und redet euch nicht auf humanitäre Aufgaben heraus, denn dafür braucht man zwar eine Menge an Geld und guten Willen, aber sicher keine bewaffneten Soldaten.

Und bevor ich es vergesse: Wer glaubt wirklich, dass das "Terroristenvideo echt" ist? Seit wann beschäftigen sich Terroristen/Mudschaheddin/Aufständische mit der österreichischen Innenpolitik iw z. B. Studiengebühren? Nicht das sie es nicht könnten, die Welt ist ja vernetzter denn je, aber es ergibt in diesem Zusammenhang einfach keinen Sinn.

gracias por estar ahì

Miguel de Cervantes

9 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo!
Hm, zum Thema Neutralität bin ich gespalten! Was heißt Neutralität?Heißt das auch, dass man Flüchtlinge nicht ins Land lässt weil man sich nicht in fremder Länder Sachen einmischt? Und so tut es geht einem nichts an! Ich bin froh, dass Österreich eine sogenannte aktive Neutraliät betreibt. Aber wirklich neutral sehe ich Österreich nicht mehr.

Miguel de Cervantes hat gesagt…

Nun ja, die Aufnahme von Flüchtlingen, die Vergabe von Asyl, sind ja an keinem Goodwill einer Nation gebunden sondern ein RECHT für den Flüchtling, sowie die Aufnahme eine Pflicht an das Gastland stellt. Ist so, denke ich, in gewissen internationalen Gesetzen geregelt.

Eine aktive Neutralitätspolitik würde mir auch gefallen. Doch die ist zurzeit wenig glaubwürdig (weil sich die offizielle Politik des Landes nicht neutral verhält) und statt aktiv auch eher reaktiv, wenn überhaupt vorhanden.

Kreisky war ein respektabler Aussenpolitiker. Natürlich war auch die geopolitische Situation eine andere damals, aber er verstand es, die österreichische Neutralität mit einer aktiven und fairen Außenpolitik zu verbinden, was dem Land nachhaltig Vorteile bot. Aber die jetzige Außenpolitik? Naja, Schwamm drüber... sie ist einfach bullshit!!!

liberalinösterreich hat gesagt…

Kurze Nachfrage:
vielleicht bin ich ja schon zu müde, aber könntest du mir verraten, ob dieser Beitrag Satire ist oder nicht?

Miguel de Cervantes hat gesagt…

Was dieser Beitrag ist? Nicht Fisch, noch Vogel... Im Endeffekt das, was du daraus machst. Lachst du darüber, so ist es wohl Satire. Vielleicht ist er Ernst gemeint, dann wirst du wahrscheinlich nicht lachen, vielleicht auch nicht. Der "Charakter" liegt wohl im Auge des Betrachters. Ich charakterisiere nicht, ich hege keinen Anspruch an Wahrheit/Richtigkeit/Tatsächlichkeit sondern tippsle einfach - und genieße dabei mein, lt. Artikel 10 der EMRK verbrieftes Recht, auf die freie Meinungsäußerung ;)

Aber nachdem dies nun (einigermaßen) geklärt ist: Wenn du zu dieser Thematik eine andere Meinung oder eine andere Sicht hast, so würde es mich freuen, diese in Form eines Links zu deinem Blog wieder zu finden. Nichts (oder nur wenig) kann mich daran hindern, klüger zu werden oder andere Ansichten kennen zu lernen. Ich bin mir bewusst, dass ich in diesem Posting, in welcher Form auch immer, eine Extremposition eingenommen habe. Ein wichtiges Ziel war hierbei sicherlich eine Art der Provokation... wenn du also deine Version der ganzen Geschichte/Misere anfügen willst, so lese ich sie mir auf deinem Blog auch gerne, und wenn es mir gelingt auch wertfrei, durch. Zur Meinungsfreiheit gehört auch ein nebeneinander von verschiedensten Meinungen - sie sind vielleicht in ihrer Einzelheit nur verkürzt, doch miteinander, und reflektiert, können sie ein stimmiges Ganzes ergeben. Und nur durch ein Miteinander von verschiedenen Meinungen, verschiedenen Weltsichten und Thesen kann sich eine halbwegs gültige Version der Realität bilden. Wie gesagt, es kann mich nicht (oder kaum etwas) daran hindern, klüger zu werden...

liberalinösterreich hat gesagt…

Meine Antwort wird bald kommen. Freu dich darauf. ;-)

Mit freundlichen Grüßen
Libera in Austria

liberalinösterreich hat gesagt…

http://liberalinaustria.wordpress.com/2007/03/16/antwort-auf-miguel-de-cervantes-blogeintrag-in-der-tageszeitung-die-presse/

Anonym hat gesagt…

auch hier, warum verlinkst du nicht die blogs die du ansprichst, damit jeder weiß, wenn er gemeint ist?

"Afghanistan wurde durch einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg durch die NATO erobert."

nein. afghanistan wurde durch einen von der uno (mehrfach) legitimierten krieg befreit. es ist "völkerrechtlich" nicht mit dem irak gleichzusetzen, wie du anzunehmen scheinst.

"österreich" ist dort, weil auch österreich eine gewisse verantwortung in der weltpolitik hat und weil vorgänge in afghanistan direkten einfluss auf hiesige umstände haben. sei es nun aufgrund von flüchtlingsströmen, die zunehmen bzw. groß bleiben, wenn die situation sich nicht stabilisiert (und die in den jahren vor 9/11 schon zunahmen - obwohl ich ein weitgehend uneingeschränkter befürworter von asylvergabe und möglichst unproblematischer einwanderung bin, darf man die pflicht asyl zu vergeben nicht damit verwechseln, dass es gut ist, dass menschen aus ihrer heimat vertrieben werden (sie gehen ja nicht aus lust und freien motiven)), aufgrund der nach dem krieg aufkeimenden drogensituation in afghanistan (die speziell für europa hohe relevanz hat) oder der tatsächlich existenten terrorgefahr die aus mehrlei quellen gespeißt wird.

so ist vor dem krieg eine reale terrorgefahr von afghanistan ausgegangen, weil die radikalfundamentalen islamisten der taliban geduldet und unterstützt wurden (dazu müssen die gar nicht böse böse sein, sie sind aber ganz sicher terroristen).

während dem krieg geht und ging die gefahr durch eine logische verstärkte radikalisierung der gesellschaft von afghanistan aus, die sich selbstverständlich wesentlich gegen den westen (und damit auch österreich) richtet.

nach dem krieg geht die terrorgefahr für den westen von afghanistan deshalb aus, weil instabilität natürlich eine weitere radikalisierung zur folge hätte. deshalb ist die erhaltung der sicherheit und der aufbau der wirtschaft in afghanistan entscheidend für die zukunft des landes.

österreich hat sich (soweit ich weiß und hoffe) nicht am angriffskrieg beteiligt, sondern (in lächerlichem ausmaß) an der nachfolgenden (und egal wie man zum krieg stand notwendigen) peacekeeping-, peacebuilding- und entwicklungsmission.

deswegen ist es legitim, dass österreich dort ist.

Miguel de Cervantes hat gesagt…

Nun, das ist ja ein reichhaltiges Posting. Ich verlinkte diejenigen Blogs, welche meine Kritik hervorriefen nicht, da ich es vermeiden wollte, Blog-Bashing zu betreiben. Ich verlinke von Zeit zu Zeit gerne Artikel anderer Blogger, dies sind jedoch Artikel, denen ich zustimmen kann oder die ich von besonderem Interesses finde.

Die Problematik der völkerrechtswidrigkeit von Kriegen ist nicht einfach zu beantworten. Grundsätzlich ist jede Art von Angriffskrieg völkerrechtswidrig (Briand-Kellog-Pakt von 1928). Es gibt jedoch, und hierbei gab ich nur einen verkürzten Sachverhalt wieder, gewisse Ausnahmefälle, die einen Angriffskrieg legitimieren können, jedoch auch nicht unumstritten sind. Unter diese Ausnahme fällt, wie du richtig konstatiert hast, ein Krieg, der als Exekution eines Beschlusses des Sicherheitsrates dient. Daneben existieren noch eine Reihe von weiteren Resolutionen u. ä., welche zum Teil nicht verbindlich sind, zum Teil auch einfach zu schwammig und unpräzise. Eine Betrachtung der völkerrechtlichen Komponente von Angriffskriegen ist demzufolge eine prekäre Angelegenheit, da eben eine Vielzahl von, oft nur schlecht formulierten, Grundsätzen neben eiander existieren und somit eine großen Spielraum für Interpretationen bergen.

Hinsichtlich des Themas Asyl kann ich dir nur vollends zustimmen. Dies hast du gut auf den Punkt gebracht.

Und es stimmt: Österreich hat auch Pflichten in der Weltpolitik. Und hier sehe ich die Chance, durch die Neutralität (wie auch immer sie zustande kam und in der Vergangenheit ge- und benutzt wurde) als fairer und ausgewogener Vermittler aufzutreten. Eine aktive Friedenspolitik wäre wünschenswert. Des weiteren bin ich dafür, dass sich Österreich in Afghanistan engagiert - in humanitärer Weise, nicht jedoch in Uniformen und mit Waffen, also in Form von Soldaten der Besatzungsmacht.

Als neutrales Land mag es legitim sein, mit Soldaten "dort" zu sein, der beste Weg ist dies jedoch, aus meiner Sicht, nicht.

Anonym hat gesagt…

das problem mit dem völkerrecht ist, dass es im wesentlichen keines gibt. das völkerrecht sind zahlreiche verträge die im laufe der jahrzehnte/jahrhunderte abgeschlossen wurden. innerhalb der uno gibt es seit jahren den grundsatz der "responsibility to protect", der menschenrechtsverletzungen zur globalen frage macht und nicht mehr ins ermessen der nationalstaaten stellt. aber das würde jetzt alles zu weit führen. für mich ist der afghanistan-kreig zwar schrecklich aber grundsätzlich legitim.

die österreichischen soldaten in afghanistan sind meines wissens nicht als besatzungskräfte dort - d.h. sie patroulieren nicht mit waffen auf der straße - sie gehören zum planungsstab.

sofern der staat österreich sich an dem wiederaufbau eines landes beteiligt, hat er außerdem sehr wenige alternativen zur entsendung von heereskräften.

das problem mit der neutralität ist (ganz egal wie man zu ihr steht) folgendes: für einen taliban-terroristen ist ein österreicher nicht neutral, sondern teil des westens (was ja nicht falsch ist). ein österreicher könnte der neutralste mensch der welt sein, in afghanistan würde er nicht als solcher akzeptiert.

das liegt daran, dass das westliche lebensbild (sofern man das als homogene einheit begreifen kann) und der von islamistischen fundamentalisten (und damit meine ich ausschließlich fundamentalisten und NICHT den islam per se) nahezu konträr sind. religionsfreiheit und frauenemanzipation sind einem taliban zum beispiel nicht zuzumuten - das gegenteil einem europäer auch nicht. ich habe schwierigkeiten, mögliche kompromisse auch nur entdecken - geschweige denn sie zu akzeptieren.