Mittwoch, Februar 28, 2007

Weltkrieg gegen Arme

Während sich das Gros der Medien auf den, sich anbahnenden, kriegerischen Konflikten zwischen USA/Israel/Europa und dem Iran stürzt, kommt eine Realität mehr und mehr ins Vergessen: Der Weltkrieg gegen die Armen dieser Welt!

Darf man von Krieg sprechen, wenn jeden Tag tausende von Kindern an Mangelernährung sterben? Ja, natürlich darf man, muss man das. Denn es ist im Endeffekt einerlei, ob ein Mensch durch eine Bombe oder durch Hunger stirbt. Es ändert am Resultat nichts - der Mensch ist Tod. In beiden Fällen ein sinnloser Tod. Und betrachten wir ein Zitat von Jean Ziegler, so erschließt sich der ganze Wahnsinns des Weltkriegs gegen die Armen: "Obwohl wir grundsätzlich über die Mittel und Ressourcen verfügen, jedem Menschen eine Existenz ohne Not zu sichern, sind Hunger und Elend auf der Welt schlimmer als je zuvor. Die global operierenden Grosskonzerne drängen im Streben nach Gewinnmaximierung der Welt ihr Gesetz auf, und die elementaren Bedürfnisse der Menschen bleiben dabei auf der Strecke." Dieses Zitat erfährt um so mehr Bedeutung, da Jean Ziegler immerhin anerkannter Soziologe und UN-Sonderbeauftragter für das Recht auf Nahrung ist - er ist also keiner jener, die oftmals verächtlich als utopische "Weltverbesserer" bezeichnet werden.

Wenn also die Ressourcen zur Verfügung stünden, die Menschen jedoch von ihnen abgehalten werden, so haben wir es hier nicht mit tragischen, gott- oder schicksalgewollten Tragödien zu tun, sondern schlicht und einfach mit Mord. Während wir das Irak-Fiasko noch auf die USA abschieben (obwohl Europa genauso beteiligt ist), so können wir uns hier der Verantwortung nicht mehr durch flache Argumente Entziehen. Beispiele liefert etwa der Dokumentarfilm von Erwin Wagenhofer, "We feed the world", der sehr anschaulich zeigt, wie die (stark subventionierte Agrarindustrie) Europas die Subsistenzwirtschaften Afrikas zerstören. Europas Agrarkonzerne treten als direkter, ungleich stärkerer und mächtigerer Konkurrent, zu afrikanischen Landwirten auf. Wir zerstören ihren Markt, ruinieren die Preise... und wenn jene Leute, deren Existenz zerstört wurde, vor dem Hungertod nach Europa flüchten... ja, dann nennen wir sie "Wirtschaftsflüchtlinge" und schieben sie wieder ab - zurück in den, von uns geschaffenen, Tod.

Aber man muss nicht nur nach Afrika blicken, auch in Südamerika trägt der "Westen" einen beträchtlichen Teil zu Armut und Hungerstod bei. Es sind nicht nur die, immer wieder klischeehaft platzierten Bilder, von südamerikanischen Juntas und Regimen, die ihre Bevölkerungen ausbeuten... auch wir sind maßgeblich an Not und Elend beteiligt. Wenn etwa riesige Anbauflächen (allzuoft werden dazu der Regenwälder abgeholzt) dafür genutzt werden, Sojabohnen für die europäische Agrarindustrie herzuzustellen, währenddessen die Menschen ihr angestammtes Ackerland, ihre Lebensgrundlage, verlieren. Menschen verhungern in unmittelbarer Nähe zu riesigen Ländereien voller Ackerland und Sojabohnen.

Aber es muss nicht immer die direkte Landwirtschaft sein, die zerstört wird. Die Schaffung von Armut kennt auch weit perfidere Methoden. Etwa durch die Patentpolitik des "Westens", wodurch sich entwickelnde Länder vom Fortschritt ausgeschlossen werden. Ein besonders perverses Beispiel bietet die derzeitige Diskussion über Software-Patente. Oder die Weltbank, die unannehmbare Bedingungen für dringend benötigte Kredite stellt. Durch all jene Faktoren werden Menschen in Entwicklungsländern vom Fortschritt ausgeschlossen, diskreminiert und weiter in die Armutsfalle abgedrängt.

Der "Westen" verschleudert Unsummen an Geldern in der Waffenindustrie, um seine "Kolonien", auch nach der vermeintlichen Kolonialzeit, weiter beherrschen zu können. Doch sei gesagt: Bei einer globalen Betrachtung ergibt dies ein Spiel, welches im Endeffekt keine Gewinner, sondern nur Verlierer kennt. Jeder investierte Euro in die Entwicklungschancen von Menschen der ärmsten Länder, sind neun ersparte Euro in den Rüstungsausgaben. Ganz zu schweigen von der moralischen Komponente.

Als Fazit bleibt: Es müssen nicht Bomben fallen, um Krieg zu führen. Denn der Weltkrieg gegen die Armen, ein perverser, perverser und nochmals perverser Krieg, ist für sich schon schrecklich genug. Solamente por pensar...

gracias por estar ahì

Miguel de Cervantes

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo!
Hast du das Buch von Jean Ziegler: Imperium der Schande gelesen? So weit ich weiß spielt der ORF We feed the world am 15. März um 20:15 ich habe da schon viel Lob gehört!
Was ich besonders schlimm finde, bei uns geben Leute Geld aus um den schlanken Schönheit zu entsprechen und werfen Lebensmittel weg, während woanders Kinder sterben vor Hunger

Miguel de Cervantes hat gesagt…

Hejssan!

Ich muss zugeben, dass ich das Buch bis dato noch nicht gelesen habe - aber danke für den Tipp, das Buch werd ich mir bald mal besorgen.

"We feed the world" finde ich echt sehr gut gelungen. Hab den Film von meinem Bruder auf DVD geschenkt bekommen. Absolut sehenswert - und bei der Hendlschlachtszene (und zwar in einer österreichischen Fabrik) wurde mir speiübel. Die Wahrheit ist eben nicht immer appetitlich.

Schönheit? Naja, ein bisschen schön wollen wir ja alle sein ;) Das verbindet, denke ich, auch die gesamte Menschheit und alle Kulturen. Aber du hast Recht in deiner Kritik. Das Thema wird gehandhabt, als ob davon Sein oder Nicht-Sein abhängt. Und überdies: Grell geschminkte mit Make-Up Masken schauen ungefähr so grauslich aus wie Clowns... und vor Clowns habe ich Angst... da kann das Thema "Schönheit" schnell mal ein Schuss nach hinten sein.

Nun ja, wenn wir plötzlich keine Lebensmittel wegwerfen würden, so würde davon auch kaum jemand satt werden. Es müssen sich einfach Strukturen ändern - und damit auch unsere Konsumgewöhnheiten. Die Produktion von 1 kg Fleisch verbraucht ca. 10 kg pflanzliche Nahrung (ich weiß, Produktion ist hier ein hässliches Wort)... aus diesem Grund ist die Viehaltung, wie sie stark subventioniert und gefördert wird, auch alles ndere als ökologisch. Ich habe nichts gegen ein Wr. Schnitzerl, ein Steak oder, von mir aus, einen Schweinsbraten und bin ja selbst kein Asket... aber man kann etwas verändern, indem man sein Konsumverhalten dahingehend ändert, dass man nicht unbedingt das billigste, industrielste und fragwürdigste Produkt kauft. Dann gehe ich lieber zum Metzger ums Eck und kaufe mir Fleisch ein, dass zumindest halbwegs ökologisch erzeugt wurde. Natürlich ist das teurer, aber dann schränkt man seinen Konsum einfach ein Wenig ein und kauft halt weniger oft dieses Produkt. All zu häufiger Fleischkonsum soll ja ohnehin zu einem dicken Bauch und Herzinfarkt führen - also bringt das gesundheitlich auch was... und man hat NICHT die riesige und zu Unrecht geförderte Agrarindustrie gefördert, sondern den örtlichen Metzger oder die Landwirte, die ihn beliefern.

In den (konventionellen) Medien wird diesem Thema kaum Platz eingeräumt... hier gibt es ja Nachrichtenfilter usw. Aber ich denke, dass 99 % der Menschen nicht wollen, dass andere Menschen verhungern müssen, bei gleichzeitig ausreichenden Ressourcen. Und somit ist dieses Thema sehrwohl relevant für jeden einzelnen, da können Nachrichtenfilter auch nichts ändern. Und jene, denen das sterben egal ist und die davon profitieren? Verdammte Psychopathen, die massa Kapital oder ihre verdammten Systeme als den "Stein der Weisen" betrachten und rücksichtslos alles dafür opfern. Psychopathen eben...

Und somit sind nicht nur jene, die verhungern, Opfer, sondern auch wir, die wir uns von einer Minorität zum schweigen bringen lassen und somit, ungewollt, im Weltkrieg gegen die Armen mitmachen.

saludos

Anonym hat gesagt…

Ich habe es erst halb gelesen und das vor einem halben Jahr.
We feed the world will ich mir anschauen.
Ich glaube, die kleinen Konsumenten sind da eher Peanuts, die großen Betriebe kaufen z.b. sicher nicht Bio und fair sondern den billigsten Schrott!
Lg