Donnerstag, November 10, 2005

Studis ohne Kohle

Verdammt, wer hat mir meine Wasserflasche geklaut? Ich will sie sofort wieder, ansonsten werde ich zum Sherlock Holmes für Arme, halte meine Luft solange an bis ich blau im Gesicht werde und halte ein "Protest" Schild hoch. Es ist mir Ernst. Meine 0-8-15 PET Flasche wurde mir heute auf der Uni geklaut... oder ich habe sie einfach verloren. Nachdem sich dieses Unding eines Wasserbehältnisses jedoch schon fast eine halbe Woche in meinem Besitz befand, ich dahingehend schon eine Beziehung zu ihr aufgebaut habe, will ich sie unbedingt wieder mein Eigen nennen dürfen.

Aber dies ist symptomatisch für das studentische Leben in der Politära Schwarz-Blau-Braun-Bunt. Studenten sind arm... so arm, dass sie einem armen Kollegen wie ich es bin die PET Flasche klauen müssen (oder ich habe sie wirklich verlegt ;) ). Diese Politschergen von rechts haben es doch tatsächlich geschafft, einen nicht unwesentlichen Teil der Bevölkerung in Armut dahindarben zu lassen. Nehmen Sie mich als Beispiel, verzweifelt will ich diese Weblog loswerden - da ich jedoch ein Waschlappen bin, bringe ich es nicht selbst übers Herz sie aus der Welt des Internetz zu löschen. Demzufolge benötige ich einen Informatiker-Multimedia-Mafioso der diese unselige Arbeit für mich übernimmt. Da mir, als Student aber das nötige Kleingeld für die Bezahlung dieses Schuftes fehlt, bin ich nun gezwungen so lange diese Weblog weiterzuführen, bis ich endlich meine Nieren verkaufen kann, um die liquiden Mittel für die Weblog-Liquidation zu erhalten. Doch ich bin nicht alleine. Auch wenn ich Liesl G. aufrichtig liebe... dies geht schön langsam zu weit.

Doch nicht nur ich bin davon betroffen. In meiner Eigenschaft als Vorstand der Absurdistan Inc. (und deren redaktionelles online-Magazin "Planeta Eskoria") hörte ich mich unter den zukünftigen Leistungsträgern um, erfuhr ihr Sorgen und Nöte, sah ihr Leid. Beginnen wir sogleich mit den Berichten aus der finaziellen Studienhölle:

Chris, 21, Kommunikationswissenschaften: Ich war immer ein zufriedener, netter, hilfsbereiter und vor allem glücklicher junger Mann. Die ersten beiden Semester meines Studiums kam ich, dank meines Jobs als Eventfotograf, halbwegs schadlos über die Runden. Doch nun türmen sich Rechnungen, Kopierkosten, Kosten für diese sogenannten "Reader", die man für das Bestehen von Lehrveranstaltungen dringend benötigt. Ich sah nur mehr einen Ausweg. Da ich in besseren Tagen eine umfangreiche Unfallversicherung abgeschlossen habe kam ich auf den verhängnissvollen Gedanken: Versicherungsbetrug. Ich rammte meine linke Hand gegen eine Lederlehne, wohlbedacht des Schraubens, der sich unter dem Leder befand. Der Schrauben durchbohrte meine Hand wie es einst die Nägel in Jesus´ Händen taten, als sie ihn aufs Kreuz nagelten. Meine linke Hand ist nun verkrüppelt, ich kann weder ordentlich schreiben noch heben. Ich hoffe ich komme mit meinem Betrug durch - und erhalte eine Invalidenpension, die mich durchs Studium bringt.


Karl, 22, Naturwissenschaften: Nachdem mir mein Stipendium gestrichen wurde (Begründung: Sie sind zu reich!) war ich gezwungen, meine Unterkunft zu verlassen. Nun führe ich mein Studium als Obdachloser fort... aber ich hatte Glück, mein reicher Onkel aus Kanada, er hat ein Herz aus Gold, schickte mir per Eilpost ein Zelt (Adresse: an den jungen Kerl, der des Nachts immer vor der verschlossenen Uni rumzittert). Zu meinem Glück fand ich noch einen Grünstreifen nicht unweit meiner Fakultät. Natürlich, dann und wann prügeln mich die Polizisten fort, nennen mich einen asozialen Hippie und gerade jetzt, wo es wieder kälter wird, friere ich in den Nachtstunden oft furchtbar... dafür habe ich wenigstens eine Plastikplane über den Kopf und fühle mich eins mit der Natur.


Claudia, 25, Kommunikationswissenschaften: Ich bin eine der wenigen Glücklichen die einen Job ergattern konnten um sich so das Studium zu finanzieren. Dadurch habe ich die Möglichkeit im Studentenheim zu wohnen. Ich arbeite nun 8 Stunden am Tag, danach versuche ich noch in die eine oder andere Lehrveranstaltung zu gelangen oder lerne beim Schein der Talgkerzen (wir müssen Strom sparen). Im Studentenheim leben wir zu jeweils acht Menschen in einem Zimmer, die Zimmer verfügen über jeweils vier Betten, weshalb sich jeweils zwei von uns ein Bett teilen müssen. Dies mag für viele schrecklich erscheinen doch unsere Sozialkompetenz steigt dadurch ungemein. Ich hatte Glück, diesen Naturwissenschafter der einige Zeit vor unserem Fenster herumlungerte haben sie delogiert. Sein Schicksal berührte uns alle und ist bis zum heutigen Tage ungeklärt. (Anm. de Cervantes: ich konnte Claudia darüber aufklären, dass besagter Naturwissenschaftsstudent, Karl, sich bis auf einige leichte Erfrierungen bester Gesundheit erfreut)


Sabine, 19, Rechtswissenschaften: Ich gehöre zu denjenigen Studenten, die tagtäglich in die Stadt pendeln. Ich lebe etwas ausserhalb, auf dem Land und fahre deshalb jeden Tag einige Zeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Besser gesagt, ich fuhr. Aufgrund der immer stärkeren finanziellen Belastung, die so ein Studium mit sich bringt, konnte ich mir eines Tages die Fahrtkosten nicht mehr leisten. Einige Wochen versuchte ich mich als Schwarzfahrerin, doch die immer höher werdenden Anzeigen und die immer häufiger einlangenden Exekutionsbescheide zwangen mich dazu, mein Studium nun von zu Hause aus fortzuführen. Natürlich lerne ich dadurch nichts - aber was solls, endlich muss ich nicht mehr völlig paranoid im Zug oder O-Bus verharren... mein Nervenkostüm war schon mehr als angekratzt und nun fühle ich mich erleichtert. Ach ja, mein Studium werde ich in naher Zukunft abbrechen, ein Universitätsstudium hat ja wenig Sinn, wenn man sich nicht an die Universität begeben kann.


Nun denn, dies waren einige, der berührendsten Berichte. Die verehrte Leserin, der geehrte Leser oder geneigte Sozialvoyeurist sollte sich seine eigene Meinung zu dieser Thematik bilden. Meine Gedanken, Gebete und Wünsche für eine bessere Zukunft liegen auf jeden Fall bei Chris, Karl, Claudia und Sabine!

gracias por estar ahì

Miguel de Cervantes

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Oh mein Gott, Studenten in Zelte, zusammengepfercht in Heimen, fehlende Fahrtkosten und verstümmelte Hände? was kommt als nächstes? Studentenprostitution?

Miguel de Cervantes hat gesagt…

ja, das wäre durchaus eine lösung... nana, wir wollen ja nicht übertreiben, verstümmelte hände sind eh schon arg genug. übrigens fand ich meine wasserflasche wieder, ominöser karl, naturwissenschafter, hat sie mir geklaut um sich daraus schuhe zu schnitzen... nachdem er nun auch hunger leidet, sah ich von einer sanktion ab... der arme sollte zumindest schuhe haben ;)

Walter Dwinger hat gesagt…

Richtiger Versicherungsbetrug sieht anders aus!
Trotzdem mein "Mitleid". Gruß Walter

Miguel de Cervantes hat gesagt…

ich werde es an den armen studenten mit der verkrüppelten hand weiterleiten :)

Flow Motion hat gesagt…

endlich verstehe ich warum diese menschen letztens vor der uni auf einem bein gehüpft sind und mit atemberaubenden verdrehungen versucht haben die menschheit zu begeistern. tja... ich erbarmte mich ihrer und gab ihnen einen goldglänzendes münzstück. ^^

Miguel de Cervantes hat gesagt…

Sehr liab von dir :)